Besiedelungsmonitoring Seestadt Aspern III

Das Besiedelungsmonitoring 2022 liefert in der dritten Erhebungswelle empirisch fundierte Einblicke in die Transformation und Weiterentwicklung des Stadtentwicklungsgebiets. Diese findet zum einen auf der Ebene der Quartiersentwicklung statt und zeigt sich in Form anders gelagerter Konzeptionen des Wohnbaus und der Bebauungsformen im Vergleich zum Pionierquartier und dahingehend dass in diese Wohnbauten neue Bewohner:innengruppen und Milieus einziehen, die differenzierte Anforderungen an den Stadtteil stellen.

Im Zuge der qualitativen wie auch der quantitativen Erhebungen wurden die Innenperspektiven der Bewohner:innen auf diese Entwicklungen und Dynamiken erhoben und auf die Forschungsfragen hin analysiert. Mit der Besiedelung des Seeparkquartiers erweitert sich das Angebot im Bereich des Wohnbaus um freifinanzierte Eigentums- und Mietwohnungen im Segment des Wohnhochhauses. Diese Erweiterung bringt neue Zielgruppen ins Quartier, die verschiedene Ansprüche an den Stadtteil mitbringen.

Ausgangspunkt, Hintergrund und Zielsetzungen

Das über mehrere Jahre angelegte „Besiedelungsmonitoring Seestadt Aspern“ ist als ein Forschungsprojekt konzipiert, das den Prozess der Entwicklung des neuen Stadtteils sozialwissenschaftlich begleitet. Ziel des Monitorings ist es, mit der Besiedelung verknüpfte Herausforderungen frühzeitig zu identifizieren, soziale Dynamiken abschätzen zu können und den Besiedelungsprozess für die beteiligten Akteur*innen auch steuerbar und gestaltbar zu machen. Es ist die erste Longitudinalstudie dieser Art in einem Wiener Stadtentwicklungsgebiet.

Nach umfangreichen Erhebungen in Zusammenhang mit der Besiedelung der ersten Wohnbauten mittels sozialräumlicher Analysen, Stakeholder-Interviews und einer fragebogengestützten Erhebung unter den neuen Bewohner*innen (2015) und einer Kontextualisierung der Seestadt im Verhältnis zu anderen Wiener Stadterweiterungsgebieten (2017), galt es in der zweiten Befragungswelle 2019 herauszufinden, ob und in welcher Weise sich in den sozialen und sozialräumlichen nachbarschaftlichen Beziehungen bestimmte Muster ausbilden, verfestigen und transformieren. Für die dritte Erhebungswelle werden, neben den zentralen Fragestellungen des Monitorings (zum Wohnen und Wohnerleben, dem Stadtteil und seinen Infrastrukturen, Teilhabe und Image usw.) konstanten Themenfeldern (wie Stadthitze, Nahversorgung), auch konfliktbehaftete Themen betrachtet, die sich aus der Erfahrungen der letzten Jahre und Monate ergeben (wie die Gestaltung des öffentlichen Raums, die Straßenanbindung der Seestadt, sowie Stadtentwicklung und Klimawandel) und wie diese von Teilen der städtischen Öffentlichkeit in Relation zu den Bewohner:innen wahrgenommen werden. In Relation zu vorangegangen Erhebungen kann somit nachgezeichnet und analysiert werden, wie – im Zuge der verschiedenen Etappen der Besiedelung sowie in Interaktion mit allgemeineren Entwicklungen in der Gesamtstadt und darüber hinaus – ein neuer Stadtteil sich als soziales Gewebe ausbildet und formt und wer sich in den Prozess der Gestaltung des Stadtteiles wie involviert.

Inhaltliche Schwerpunkte und Ablauf der Studie

Die Studie knüpft an die Ergebnisse der bisherigen Phasen des Besiedelungsmonitorings an und verknüpft eine breit angelegte Befragung der Bewohner:innenschaft mit qualitativen Untersuchungsschritten.

Im Kontext der Fertigstellung des Seeparkquartiers und des Quartiers Am Seebogen erlaubt die Synthese der quantitativen und qualitativen Analysen weitreichende Einsichten nicht nur in das Werden der Seestadt Aspern, in Milieudifferenzierungen (zu erwarten sind etwa unterschiedliche Wohnmilieus im Seeparkquartier im Vergleich zum Pionierquartier oder dem Quartier Am Seebogen) und sozialräumliche Zusammenhänge innerhalb des Stadtteils; untersucht  werden auch neue Einsichten in die Wahrnehmung aktueller Herausforderungen wie Pandemie, Arbeit und Wohnen, Mobilität, Klimawandel und Stadthitze sowie in Strategien zu ihrer Bewältigung.

Fazit

Anhand der Analysen lässt sich festhalten, dass die Wahrnehmung der Seestadt eine Ambivalenz aufweist. Die Seestadt als “Stadt”, wie es der Name suggeriert, stellt hier nur einen der möglichen Wahrnehmungstypen dar.

Rund 56% der befragten Bewohner:innen stimmten der Aussage zu, dass die Seestadt weder Stadt noch Land sei. In der Analyse hat sich gezeigt, dass unterschiedliche soziodemographische Merkmale (z.B. das Alter, der vorherige Wohnort, Zuzugsjahr, etc.) einen gewissen Einfluss darauf haben, wie die Seestadt wahrgenommen wird. Auch die Bewertung der Ausstattung „städtischer“ Infrastrukturen (z.B. Schulen, Lokale, Geschäfte, etc.) steht im Zusammenhang damit, ob verschiedenen Aussagen zur Wahrnehmung der Seestadt zugestimmt wird.

Durch die multivariaten Analysen konnten unter den Bewohner:innen spezifische Wahrnehmungstypen herausgebildet werden, von denen drei einen urbanen, beziehungsweise suburbanen Charakter aufweisen. Die anderen zwei Wahrnehmungstypen sprechen für eine Wahrnehmung der Seestadt als peripherer Raum. Anhand dieser Ergebnisse lässt sich feststellen, dass Urbanität für die Wahrnehmung der Seestadt kein eindimensionaler Begriff ist, sondern eine Art Kontinuum darstellt und die Seestadt auch von ihren Bewohner:innen auf diesem Kontinuum positioniert wird.