Wohnqualität und soziale Gerechtigkeit in Wien. Wohnqualität und BewohnerInnenstrukturen im Zeitvergleich 1995 – 2013

Wohnqualität und -zufriedenheit steigen in Wien kontinuierlich an. Wo weiteres Verbesserungspotential besteht und wie sich die Wohnsituation nach sozialen Gruppen unterscheidet, zeigt diese Studie auf Basis einer Sekundäranalyse der Erhebungen „Leben in Wien“ (1995, 2003) und „Sozialwissenschaftliche Grundlagenstudie für Wien“ (2008, 2013).

Verbesserungen der Wohnqualität 2003-2013
Die wichtigsten Entwicklungen in den letzten zehn Jahren können wie folgt
zusammengefasst werden:

  • Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person ist von 39 Quadratmeterauf 41 Quadratmeter pro Person angestiegen.
  • Auch ein Rückgang des Überbelags ist festzustellen: Lebten 2003 noch 20% der WienerInnen in überbelegten Wohnungen, waren es 2013 nur mehr 15%.
  • Die Ausstattung mit wohnungseigenen Freiräumen und mit Aufzügen in Wohnhausanlagen hat sich verbessert, ebenso die Ausstattung mit Räumen für Kinderwägen bzw. Fahrräder, Spielplätzen und begehbaren Grünflächen.

Soziale Ausdifferenzierung: Ältere und Einkommensstarke profitierten stärker
Vom Zugewinn an Wohnfläche pro Person profitierten vor allem jene Haushaltstypen, die schon vor zehn Jahren über mehr Wohnraum pro Person verfügten, darunter ältere und wohlhabendere WienerInnen (im obersten Einkommensquintil).

  • Das unterste Einkommensquintil hat 2013 hingegen genauso viel Wohnfläche und Zimmer pro Person zur Verfügung wie im Jahr 2003 (31 Quadratmeter).
  • Auch AlleinerzieherInnen und kinderreiche Haushalte konnten praktisch keine Verbesserungen erreichen.

BewohnerInnenstruktur: Segregation auf niedrigem Niveau
Die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen sind in Wien generell gleichförmig über die verschiedenen Gebietstypen des Wiener Stadtgebietes verteilt.

  • Moderate Segregationstendenzen zeigen die wohlhabenderen WienerInnen, die bevorzugt im Zentrum, in Gründerzeitgebieten mit hoher Wohnqualität bzw. im Cottage leben (43% gegenüber 34% im Durchschnitt).
  • MigrantInnen der ersten Generation, Menschen unter der Armutsgrenze und kinderreiche Haushalte wohnen hingegen leicht überdurchschnittlich häufig in Gründerzeitgebieten mit Basis-Wohnqualität bzw. in Neubaugebieten.
  • Bei der räumlichen Verteilung der MigrantInnen der zweiten Generation lassen sich im Gegensatz zur ersten Generation praktisch keine Abweichungen zur Gesamtbevölkerung feststellen.

Gemeindebau: Anteil armutsgefährdeter Personen gestiegen
Der Anteil der Personen in armutsgefährdeten Haushalten unter den GemeindebaubewohnerInnen ist zwischen 2003 und 2013 von 27% auf 37% gestiegen. Dieser Anstieg liegt deutlich über dem Wiener Durchschnitt (Anstieg von 21% auf 24%). Im Vergleich zu privaten Mietwohnungen deutlich geringer ist der Anstieg der Wohnkosten pro Quadratmeter im Gemeindebau.

Die Zufriedenheit mit der Wohnung ist unter den GemeindebaubewohnerInnen in den letzten zehn Jahren gestiegen und entspricht 2013 in etwa jener der MieterInnen in privaten Mietwohnungen.

Herausforderungen

Anstieg befristeter Mietverhältnisse
Bei der Befristung von Mietverhältnissen ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen:

  • Der Anteil der befristeten Mietverhältnisse hat sich innerhalb von zehn Jahren fast verdoppelt und betrug 2013 14%.
  • Die älteren MieterInnen sind von dieser Entwicklung am wenigsten betroffen, die DINKs und JungwienerInnen am meisten: In den stark betroffenen Gruppen hatte 2013 jede/r vierte MieterIn einen befristeten Mietvertrag.
  • Während der Anteil an befristeten Mietverträgen im untersten Einkommensquintil bei etwa 14% stagniert, verdoppelt sich der Anteil in den mittleren und oberen Einkommensquintilen.

Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund
49% der WienerInnen ohne Migrationshintergrund sind 2013 mit ihren Wohnungen sehr zufrieden, unter den MigrantInnen der zweiten Generation sind es 40% und unter den MigrantInnen der ersten Generation 34%. Besonders deutlich sind die Unterschiede in Bezug auf die Zufriedenheit mit der Preiswürdigkeit, dem baulichen Zustand und der Größe der Wohnung.

Im Zeitvergleich haben sich die Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in Bezug auf Internetanschlüsse in der Wohnung, auf die Ausstattung der Wohnanlagen und auf wohnungseigene Freiräume in den letzten zehn Jahren verringert.

In anderen Bereichen sind die Unterschiede weitgehend stabil geblieben: So verfügen insbesondere MigrantInnen der ersten Generation nach wie vor über weniger Wohnfläche pro Person als Nicht-MigrantInnen und sind häufiger von der Befristung von Mietverhältnissen betroffen:

  • MigrantInnen der ersten Generation stehen 2013 durchschnittlich 15 Quadratmeter pro Person weniger an Wohnfläche zur Verfügung als Personen ohne Migrationshintergrund – ähnlich wie 2003 (Unterschied 13 Quadratmeter pro Person).

Deutlich weniger ausgeprägt sind die Unterschiede zwischen MigrantInnen der zweiten Generation und Nicht-MigrantInnen:

  • MigrantInnen der zweiten Generation stehen 2013 durchschnittlich 5 Quadratmeter pro Person weniger an Wohnfläche zur Verfügung als Personen ohne Migrationshintergrund.

Geringere Wohnungszufriedenheit bei den Jüngeren
Die allgemeine Zufriedenheit mit der Wohnung wie auch mit der Wohnumgebung ist in allen Erhebungswellen bei den älteren WienerInnen höher als bei den jüngeren:

  • 58% der der älteren WienerInnen sind 2013 mit ihrer Wohnung sehr zufrieden, unter den JungwienerInnen sind es 38%.

Hinsichtlich der Wohnkosten waren JungwienerInnen seit 2003 deutlich stärker von einem Anstieg betroffen als Ältere. Die größten Unterschiede zwischen Jung und Alt bestehen demnach auch in Hinblick auf die Zufriedenheit mit Größe und Preiswürdigkeit der Wohnung.
Fakten
  • Projektträger
    SORA Institute for Social Research and Consulting
  • Projektteam
    Evelyn Hacker
    Bernhard Hoser
    Corinna Mayerl
  • Laufzeit
    2014
  • Kontakt
    SORA Institute for Social Research and Consulting
  • Downloads
  • Projektbericht 1.78 MB
    Abstract 179.32 KB