Überprüfung der Freiraumqualitäten im Realisierungsprozess neuer Wiener Wohnquartiere
Gezeigt an den Beispielen Eurogate und Nordbahnhof (1. Bauphase)

Die steigenden Dichten in Stadtgebieten und ein neues Verständnis von Öffentlichkeit in Lebens- und Stadträumen, lässt die Bedeutung des Wohnbaufreiraums, als integrativer Bestandteil des städtischen Grün- und Freiraumsystems wachsen. Die vielfältigen Aufgaben die an den Wohnbaufreiraum gestellt werden, können jedoch nur dann erfüllt werden, wenn die Freiraumanlage qualitätsvoll gestaltet, umsichtig auf das Umfeld abgestimmt und hochwertig erhalten ist. Für zukünftige Entwicklungen im Geschoßwohnbau gilt es daher qualitativ hochwertige Freiraumanlagen zu schaffen, die Bestandteil des gesamtstädtischen Freiraumsystems sind. Übergeordnetes Ziel der vorliegenden Studie sind die Qualitätssicherung im Wohnbaufreiraum und eine nachhaltige Wiener Stadtentwicklung.

Motivation

Obwohl die Bedeutung hochwertiger Frei- und Grünräume für Wohnanlagen unumstritten und das Bekenntnis zur Schaffung qualitativ hochwertiger Freiräume im Großteil der Bauvorhaben gegeben scheint, entstehen dennoch immer wieder unbefriedigende Freiraumanlagen im Geschoßwohnbau. Im Rahmen der Studie wurden Freiraummängel und Schwachstellen im Freiraumangebot neuer Wiener Wohnquartiere aufgespürt und in Folge eruiert, wann und warum es im Verlauf des Realisierungsprozesses zu den Qualitätsverlusten im Freiraum kam und welche Maßnahmen solche negativen Entwicklungen verhindern können.

Methodische Vorgehensweise

Untersuchungsgegenstand der Studie war der geförderte Wohnbaufreiraum in neuen Wiener Wohnquartieren sowie der Prozess der Planungsumsetzung. Dabei kamen qualitative Untersuchungsmethoden zur Anwendung. Neben einer ausführlichen Literaturrecherche des Fachdiskurses zu Freiraumfunktionen und -qualitäten im Wohnbau und deren Sicherung, wurden großstädtische Konzepte zur nachhaltigen Entwicklung des städtischen Wohnbaufreiraums sowie die Kriterien und Rahmenbedingungen zur Erreichung von Freiraumqualitäten im Allgemeinen untersucht. Im Zentrum der vorliegenden Studie stand die Analyse der Stadtentwicklungsprojekte Eurogate und Nordbahnhof (1. Bauphase, Bereich BTWB 2008). Die Untersuchung zur Erkenntnisgewinnung ist anhand dieser beiden Fallbeispiele erfolgt. Es wurde ermittelt, welche Qualitätskriterien in Bezug auf den geförderten Wohnbaufreiraum angestrebt, vorgegeben und umgesetzt wurden. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden mit dem Prozess abgeglichen, woraus ersichtlich wurde, wo im Prozess Qualitätsverluste stattgefunden haben und wann sich besondere Freiraumqualitäten entwickelt haben. Augenmerk fiel bei den Untersuchungen auch auf den Stellenwert, den der Freiraum im Realisierungsprozess eingenommen hat.

Analyse und Schlussfolgerungen

Die beiden untersuchten Anlagen präsentieren sich heute als größtenteils hochwertige Wohnquartiere mit qualitätsvollen, funktional und gestalterisch vielseitig konzipierten Freiraumangeboten. Die Freiflächendimensionierung wurde in beiden Fallbeispielen in Bezug auf die Wohndichte knapp bemessen. Der resultierende Nutzungsdruck wird jedoch durch die assoziierten Quartiersparks entschärft. Beide untersuchten Anlagen profitieren von den Parkanlagen, da diese das Nutzungsspektrum erweitern.

Das Wohnquartier Eurogate verfügt über einen hochwertigen und vielseitig nutzbaren Freiraum. Die Freiraumqualitäten in den Außenanlagen sind mitunter auf die hohe Wertigkeit des Grün- und Freiraums bei der städtebaulichen Quartiersentwicklung zurückzuführen sowie auf eine gelungene Freiraumkoordination der Bearbeitungsteams der Bauplätze in der Realisierungsphase. Die Freiräume sind teils hochwertig ausgestattet und gepflegt, das unterstreicht das attraktive Erscheinungsbild des Wohnquartiers.

Die Außenanlagen die im Zuge der 1. Bauphase am Nordbahnhof entstanden sind, weisen ebenfalls kleinräumige Freiraumqualitäten der einzelnen Bearbeitungsgebiete auf. Durch vielseitige Spiel- und Bewegungsangebote sind die Freiräume besonders für Familien und junge Erwachsene ansprechend. Mängel zeigen sich im Untersuchungsgebiet bei verbindenden Freiraumelementen, wie etwa einer fehlenden Wegestruktur mit klaren Hierarchien zur internen und externen Erschließung des Areals oder der erschwerten Anbindung des Quartiersparks. Identitätsbildende Maßnahmen zur Ausformung einer Einheit wären der Erlebbarkeit des Wohnquartiers (1. Bauphase) zugute gekommen. Mängel sind zum einen auf das Versäumnis zurückzuführen, detaillierte Rahmenbedingungen zur Grün- und Freiraumplanung in der städtebaulichen Phase festzulegen, zum anderen kamen nur wenige Instrumente zur Sicherstellung der Weitergabe von Informationen der einzelnen Planungs- und Prozessebenen in die jeweils nachfolgenden tatsächlich zur Anwendung.

Der Projektbericht geht im Analyseteil auf die Ursachen von Freiraumqualitäten und von Qualitätsverlusten der Freiräume der untersuchten Fallbeispiele ein. Daraus werden Schlüsselfaktoren zur Sicherung und Steigerung von Freiraumqualitäten im Realisierungsprozess neuer Wohnquartiere definiert und Empfehlungen und Maßnahmen abgeleitet. Sie beziehen sich auf die vier Prozessabschnitte (städtebauliche Planungsphase, konzeptionelle Phase, Realisierungsphase, Nutzungsphase) und auf die drei Planungsebenen (übergeordnete Planungsebene Stadtquartier, bauplatzübergreifende Planungsebene Baugebiet, Ebene Bauplatz).

Abschließend werden im Bericht einzelne Bereiche auf Grund ihrer Bedeutung vertieft behandelt und Empfehlungen abgegeben. Es handelt sich dabei auf städtebaulicher Planungsebene um die Themenfelder Kooperative Verfahren, Freiflächenangebot, Widmungen und Stadtteilbezogene Planung. Auf Quartiersebene wurden die Punkte Einheitlichkeit und Kleinteiligkeit, Dialogorientierte Verfahren, Gendergerechtes Planen, Ökologische Standards, EG-Zonen, Durchwegung, Spielflächenangebot sowie die Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur vertieft. Auf Bauplatzebene sind die Themen Freiraum – Budget, Vorgaben - § 63(5), Urban und Community Gardening sowie die Qualitätskontrollen als besonders relevant betrachtet worden. Als wichtige Maßnahmenbereiche nach der Projektrealisierung wurden die Einwohn- und Moderationsprozesse sowie die Grünflächenpflege detailliert besprochen.
Fakten
  • Projektträger
    dnd landschaftsplanung zt kg
  • Projektteam
    Anna Detzlhofer,
    Sabine Dessovic
    in Kooperation mit
    Stephanie Drlik
  • Laufzeit
    05/2014 - 12/2014
  • Kontakt
    office[at]dnd.at
  • Downloads
  • Abstract 290.77 KB
    Projektbericht 5.35 MB