Zukunftsfähiger Wohnbau - Best Practices Beispiele

Die Basis dieser Studie ist die UN-HABITAT Best Practices Datenbank. Die Programme, die in dieser Datenbank enthalten sind, sind durch die Weltsiedlungsagentur UN-HABITAT als Good oder Best Practices anerkannt. Das heißt, sie sind auf die Aspekte der Partnerschaftlichkeit, des Erfolgs, der Nachhaltigkeit und der Innovation im regionalen Kontext, sowie ihrer sozialen Integrativität evaluiert worden. Die UN-HABITAT Best Practices Datenbank enthält nur städtische Programme, die bereits umgesetzt wurden und deren Erfolg meßbar ist.

UN-HABITAT Best Practices sind städtische Programme, die, entsprechend des in der Habitat Agenda beschriebenen Ansatzes, einen partnerschaftlichen Ansatz verfolgen. Manche dieser Projekte wurden von Bürgern oder NGOs begonnen, manche von Stadtverwaltungen.

Die Partnerschaft besteht zum Teil aus Vertragsverhältnissen mit Privaten, internationalen Agenturen oder Medienpartnern, zum Teil auch in den verschiedensten Formen der partizipativen Planung.

Nachhaltigkeit wird in der Best Practices Datensammlung nicht nur entlang ihrer ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit definiert, gefragt ist auch die Verfahrensnachhaltigkeit der Projekte, ihre Verankerung in der Legislative der Kommune oder Region. Dementsprechend untersucht das Best Practices Programm vor allem auch, welche Teile der Legislative grundsätzlich nachhaltige Programme ermöglichen.

Best Practices Sammlungen sind in erster Linie dafür da, Anregungen zu geben. Sie sind aber nicht nur ein Ideenpool, sondern sie zeigen städtische Wirklichkeit, da die in der Datenbank beschriebenen Beispiele so bereits durchgeführt wurden. Sie entsprechen der Komplexität städtischen Handelns, sie zeigen die Widerstände und benennen die günstigen Faktoren. Der grundlegende Gedanke ist der der Innovation. Dabei lässt sich aber der Schritt von einem experimentellen Projekt zu einem innovativen Programm in den Projekten gut nachvollziehen. Im Bereich des nachhaltigen Wohnbaus geht es meist darum in Form von Pilotprojekten einen experimentellen Ansatz baulich zu verfolgen und ihn dann in Form von gesetzlichen Rahmenwerken auf die Gesamtstadt anzuwenden, zu mainstreamen. Diese Sammlung zeigt sowohl Ausnahmeprojekte, wie ökologische Siedlungsmodelle, als auch Beispiele wie generelle Rahmenbedingungen zu einer ökologischen und ökonomischen Verbesserung der Gesamtstadt geführt haben.

Der regionale Fokus dieser Studie liegt auf OECD Staaten, also Staaten und Städten der sogenannten entwickelten Welt. In Bezug auf partizipative Modelle allerdings können die Städte des ebenfalls so genannten globalen Nordens von denen des Südens durchaus lernen. Viele Selbstbaumodelle und innovative Finanzierungs-modelle werden in den Städten des Südens erfolgreich umgesetzt, hier wäre ein Themenfeld, in dem die oft beschriebenen, aber selten beachteten "South - North Transfers" durchaus bedenkenswert wären, und sei es nur insofern, die entwickelten Modelle als Ausgangspunkt für eine eigene innovative Praxis grundsätzlich zu untersuchen.

Best Practices Sammlungen können Akteure identifizieren und Trends aufzeigen. Sie zeigen, was wo, wie, von wem schon einmal gemacht wurde.

Wohnbau und Nachhaltigkeit

Die Schaffung von Wohnraum (und damit die Bekämpfung der Obdachlosigkeit) sowie die nachhaltige städtische Entwicklung sind die zwei Kernthemen von UN-HABITAT. In ihren jeweiligen Agenden können diese Themen aber durchaus zueinander in Konkurrenz stehen. Auch wenn die nachhaltige Stadt nicht nur unter ihren ökologischen Aspekten verstanden wird, sondern positive ökonomische und soziale Entwicklungen miteinschließt, ist der Wohnungsbedarf der Menschen für viele Städte ein Problem, dessen schnelle Lösung Naturraumbilanz, ökonomische Basis und soziales Gleichgewicht der Städte bedroht. Das Wissen darum, dass ihre Wohnung, zumeist gleich nach ihren Kindern das Gut ist, für das Menschen weltweit den größten Teil ihrer Ressourcen aufwenden, macht die Wohnung zudem zu einer hochspekulativen Ware. So werden in vielen Städten diese zwei Themenbereiche, die UN-HABITAT, The Green Agenda (die ökologische Anpassung) und The Brown Agenda (die soziale und ökonomische Verbesserung der städtischen Umwelt) nennt, getrennt geführt. Die hier angeführten Beispiele sollen Brücken zwischen diese zwei Themenfelder schlagen. So liegt der Schwerpunkt weniger auf ökologischem Wohnbau und den Ausdifferenzierungen im Bereich von Passiv und Niedrighaus-technologie, sowie anderen Einzelmodellen, die ressourcenschonende Alternativen zum konventionellen Wohnbau darstellen, sondern auf Programmen, die es erlauben, solche Methoden im geförderten oder sozialen Wohnbau umzusetzen.

Die Best Practices Beispiel in dieser Studie sind reale Beispiele, ihre Protagonisten waren reale Vermittler zwischen den gegenläufigen Wünschen, die Investoren, die Stadtpolitik, und die Bewohner an die Entwicklung von Wohnraum stellen.

Die Themen - ein Überblick

Dieser Überblick über Best Practices Modelle im Bereich des nachhaltigen Wohnbaus untersucht im ersten Teil rechtliche Instrumente, die dazu beitragen können, dass sowohl im Privatwohnungsbaus, als auch bei Bauaufgaben der öffentlichen Hand ökologische Standards durchgesetzt werden können. Grundsätzlich wird hier mit Regelwerken und Kriterienkatalogen gearbeitet. Auch wenn die Standards zumeist nicht bindend sind, arbeiten die meisten dieser Modelle mit Restriktionen. Ein Beispiel einer "enabling Legislative", also einer Legislative, die im Gegenteil etwas erst ermöglicht, ist das Einspeisegesetz, das es in Deutschland und Spanien Privaten ermöglicht, auf vertraglich abgesicherter Basis selbsterzeugten Strom aus alternativen Energiequellen in das Netz gegen Vergütung einzuspeisen.

Eine Novelle der Baugesetzgebung in Toronto, ermöglicht es, dass die Mieter, Kredite der Bauträger zurückzahlen, die im Verhältnis zum Einsparungspotenzial der Wohnungen liegen. In Bezug auf Finanzierungsmodelle, die ebenfalls in diesem Kapitel angesprochen werden, ist zu erkennen, dass die Potenziale des Energie-Contracting noch nicht ausreichend ausgenützt werden. Die Ursache mag darin liegen, dass nach einer kurzen Boom-Zeit viele Contractor wieder vom Markt verschwunden sind. Dass aber auch The Loading Dock, eine NGO in Maryland mit ProPoor Ansatz ihr Klientel auf dieses Modell aufmerksam macht, zweigt die Relevanz des Ansatzes auch für einkommensschwache Haushalte.

Ein weiteres nicht wirklich akademisch untersuchtes Modell, ist die Bedeutung, die LETs (Local Exchange Trade Systems) für die Bauwirtschaft haben können. LETs haben dafür in den verschiedensten Ländern der Welt reale Erfahrung generiert, auf die zurückgegriffen werden kann. Die UN überlegt zur Zeit das System von UNILETS, einer Verknüpfung aller lokalen LETs.

Bei einem Treffen der Europäischen Unionen zu innovativen Finanzierungs-mechanismen wurde besonders auf die Rolle von Energieunternehmen bei der Kreditvergabe verwiesen. Ebenso wurde die Rolle kommunaler Banken betont. Ein Beispiel von CEMEX, einem Zementkonzern aus Mexiko zeigt, welche Modelle zur Zeit bereits von Privaten entwickelt werden.

Die Bauträgerwettbewerbe, ein Beispiel aus Wien mit gesamtstädtischem Fokus, zeigt, wie Mechanismen des Marktes, ohne weitere legislative Änderungen zu Verbesserungen im Neubau führen können.

Genau an der Schwierigkeit in ein relativ unflexibles System, die chinesische Baugesetzgebung, neue Standards einzuführen, ist wahrscheinlich eben die Ökostadt Dongtan, die für die EXPO 2010 in Shanghai gebaut werden sollte, gescheitert. Viele verschiedene Ökostadtteile werden zur Zeit gebaut. Eco-City ist auch zu einem Best-Buy Argument geworden und dementsprechend werden auch wenig nachhaltige Modelle unter diesem Logo verkauft. In der Definition einer nicht nur ökologisch, sondern auch sozial integrativen und ökonomischen Nachhaltigkeit, die die Gesamtbevölkerung betrifft, werden im nächsten Teil bereits existierende Ökostadtteile, die in allen beschriebenen Definitionen vorbildlich sind, vorgestellt.
Der Einsatz von lokalen Bautechnologien hat in vielen Ländern mit Transition Economy zu merklichen Stabilisierungen am Baustoffmarkt und damit auch im Bausektor geführt. Die Entwicklung solcher lokaler Methoden benötigt weitreichende Partnerschaften. Erst eine Novellierung der österreichischen Bauordnung ermöglichte es zum Beispiel in Wien mit dem schon lange technisch verfügbaren, nachwachsenden Rohstoff Holz, auch im mehrgeschossigen Wohnbau zu arbeiten. Der Holzbau, ebenfalls eine lokale Technologie, wird in vielen Ländern nun auch für Häuser bis zu 9 Stockwerken verwendet. Die vorgestellten Beispiel umfassen sowohl das Mainstreamen solcher lokalen Technologien in Nationalen Programmen, wie auch einzelne Pilotansätze. gezeigt werden soll, dass die Innovation aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen kommen kann.

Bei jeder Diskussion des nachhaltigen Wohnbaus darf man die Bewohner nicht vergessen. Doch ist es durchaus nicht nur so, dass Top-Down - also von oben für die Bewohner ressourcenschonend und nachhaltig gebaut werden muss. Oft benötigt es nur die Aufmerksamkeit der Verwaltungen, Prozesse zu identifizieren, in denen Bürger selbständig, als in Bottom up Prozessen, für eine Verbesserung ihrer Lebenssituation kämpfen. Und viele dieser Ansätze sind durchaus gesamtstädtisch und betreffen nicht nur das unmittelbare Wohnumfeld. Die innerstädtische Brache, das zeigen die Beispiele von Berlin und Malmoe, kann für experimentelle Wohnformen genützt werden.

Die Bewohner treten aber nicht nur als Bauexperten auf. Bewohnerassoziationen können auch maßstäblich am Produktions-Konsumptionszyklus mitarbeiten. The Loading Dock in Maryland ist zum Beispiel eine lokale Lösung. Ohne den Zugang zu Information ist aber jeder partizipative Ansatz nicht zielführend.

Das letzte Kapitel widmet sich deshalb einem Best Practice, das vor allem als Informationszentrum funktioniert, die Nirmithi Kendra in Indien.

Auch in Wien gibt es ein solches Projekt. Das Haus Wien Energie, eine Initiative der Wien-Strom und Wien Gas, ist ein unabhängiges Beratungszentrum für Lösungen aus dem Energiebereich. Gleichzeitig bildet es auch eine neue Form Öffentlichen Raums. Ein Haus, in dem man nichts kaufen kann, in dem man aber Informationen bekommt und in dem man sich aufhalten kann und mit anderen kommunizieren.

Die genannten Projekte sind Best Practices aus der UN-HABITAT Best Practices Datenbank. Weiterführende Informationen über alle Beispiele und Modelle erhält man unter www.bestpractices.org im Internet.
Fakten
  • Projektträger
    TINA VIENNA Urban Technologies & Strategies GmbH
  • Projektleitung/Bearbeiter
    Ariane Müller
  • Laufzeit
    Oktober 2009
  • Kontakt
    office[at]bestpractices.at
  • Downloads
  • Abstract 23.67 KB
    Projektbericht 3.52 MB