Home services as challenge and opportunity – evaluation of experiences and description of potentials in Vienna (German only)

Die Studie basiert auf Literatur- und Internetrecherchen, auf der Befragung von kommunalen ExpertInnen, Anbietern von Heimservices sowie BewohnerInnen im Rahmen der Evaluierung zweier Fallbeispiele (Alt-Erlaa und Mischek-Tower).

Generell gibt es in Wien schon traditionell eine Fülle - mehr oder weniger etablierter - sozialer Heimdienstleistungen mit unterschiedlichem Zukunftspotenzial. Für die weitere Entwicklung von Heimservices in Wien sind eine Reihe gesellschaftlicher, ökonomischer und technologischer Faktoren maßgeblich, z.B.:

  • Zukünftige Wohntrends
  • Veränderung der Altersstruktur
  • Individualisierung und Pluralisierung von Lebensstilen und Haushaltsformen
  • sinkende Kosten der Technologieanschaffung
  • Ausstattung der Privathaushalte mit Datenkommunikationsanschlüssen
  • private Nutzung technologischer Infrastruktur


Eine Reihe von Dimensionen haben sich im Hinblick auf die Entwicklung neuer (Online-) Heimservices in Wien als besonders bedeutsam erwiesen. Dabei ist die Frage nach den Chancen und Gefahren neuer Heimdienstleistungen nicht allgemein zu beantworten. Vielmehr können diese stets sowohl positive als auch negative Effekte beinhalten.

Die Ausstattung privater Haushalte mit Informations- und Kommunikationstechnologien nimmt zu. Vielfältige Servicedienste werden via Internet den privaten Haushalten in Zukunft angeboten und in Anspruch genommen. Insofern kann von einer fortschreitenden "Ökonomisierung des Wohnens" gesprochen werden.

Der Anteil von Seniorenhaushalten steigt dabei weiter an. Für die Zukunft von wohnbegleitenden Serviceleistungen bedeutet dies einen wachsenden Bedarf im Bereich individueller Pflege (extramurale Versorgung), aber auch an sozial integrativen Angeboten.

Eine besondere Chance stellen Online-Dienstleistungen im Bereich Telemedizin/E-Care dar. Für gebrechliche bzw. mobilitätsbehinderte sowie v.a. chronisch kranke Menschen (z.B.: Diabetes) können Funktionen wie die Überwachung und Fernmessung von Vitaldaten ihre persönliche Sicherheit und ihren Lebenskomfort wesentlich erhöhen. Gleichzeitig kann das Gesundheitsbudget beträchtlich entlastet werden. Durch die Reduktion zwischenmenschlicher Kontakte, z.B. zum Arzt oder zur Ärztin, besteht allerdings eine wesentliche Gefahr in der sozialen Isolation der Betroffenen.

Online-Services werden künftig in vielen Teilbereichen das Leben der Privathaushalte erfassen, z.B. in den Bereichen:

  • Vernetzung und Steuerung von Haustechnik und Alarmdiensten
  • Fernsteuerung der Hausfunktionen von außen
  • neue Sicherheitslösungen bei Objektüberwachung, Störungsmeldung
  • Fernablesung von Verbrauchsdaten
  • E-Commerce und Unterhaltungsdienste (z.B. Downloads von Filmen, Musik und Spielen)
  • E-Government
  • virtuelle Hausplattformen (z.B. Information, Kommunikation, Tausch)


(Online-) Heimservices können einen Einfluss auf die Haus- und Grätzelgemeinschaft ausüben. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Initiativen engagierter BewohnerInnen, z.B. für selbst entwickelte und selbst betriebene virtuelle Hausportale. Letztere ermöglichen vielfältige - bislang noch kaum realisierte - Kooperationsmodelle mit Bauträgern, Hausverwaltungen, lokalen Gewerbetreibenden u.a.

Die potentielle Gefahr der weiteren sozialen Vereinsamung liegt nicht nur darin, dass diese Menschen weniger außer Haus kommen, sondern auch darin, dass sie immer weniger Besuche in der Wohnung bekommen (z.B. bei Fernmessungen und Fernwartungen). Hier werden in Zukunft gegensteuernde Maßnahmen an Bedeutung gewinnen.

Heimservices stellen ein wichtiges Diversifikationsinstrument in der Wohnungswirtschaft dar. Für den Sozialen Wohnbau eröffnen sich dabei durch seine Förderungen und sein Innovationspotenzial interessante Möglichkeiten (z.B. gemeinschaftsfördernde Zusatzleistungen oder objektbezogene Dienstleistungen, oft in Kooperation mit persönlichen Betreuungsdiensten vor Ort).

Aufgrund der wachsenden Relevanz von Digital Gap und sozialer Ungleichheit droht der Ausschluss derjenigen, welche nicht über entsprechendes Wissen bzw. Ressourcen verfügen. Ein Großteil der Heimservices ist bzw. wird kostenpflichtig sein. Damit ist v.a. die Frage der ökonomischen Leistbarkeit von Bedeutung. Von den seitens der Industrie oft euphorisch verkündeten neuen Möglichkeiten werden viele Wohnende ausgeschlossen sein, was zu einer weiteren Verschärfung der Ungleichheit führen kann.

Eine zusätzliche Herausforderung stellt die Barrierefreiheit von Online-Heimservices dar. Menschen mit Behinderungen nutzen das Netz fast doppelt so häufig wie Nichtbehinderte, z.B. die Funktionen von E-Commerce und E-Government (vgl. Neuhold/Wrann/icomedias 2003). "Der Computer ist für viele behinderte Menschen eine Möglichkeit, sich in Arbeit und Privatleben besser in die Gesellschaft zu integrieren" (ebd.). Aber die Befragungen zeigten, dass sowohl auf der Dienstleister- als auch auf der Nutzerseite nur geringes Bewusstsein und wenige Vorstellungen darüber bestehen, wie Barrierefreiheit in diesem Zusammenhang aussehen könnte.

Derzeit stellen Defizite in der Konvergenz von Technologien, der Logistik und dem Wissen um die Möglichkeiten der Anbieter und NutzerInnen sowie der Wohnungswirtschaft eine Barriere für die Entfaltung von Heimservices dar.

Angesichts zunehmend technologisierter Haushalte erhöht sich die Komplexität des Wohnungsmanagements (z.B. Bedienungs- und Wartungsproblematik) und damit verbunden das Risiko von Systemstörungen (z.B. Virenproblematik). Auf Seiten der NutzerInnen ist die wachsende Abhängigkeit von technologisch komplexer Infrastruktur zu bedenken, welche zu Überforderung und Stress führen können. Weiters sind viele Wohnende skeptisch gegenüber Online-Dienstleistungen, welche das Erfassen und/oder Übertragen von persönlichen Daten beinhaltet.

Ein wichtiger Aspekt für die Kundenakzeptanz und die Verbreitung der Dienste ist daher das Vertrauen: Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Technologie, Vertrauen in die Seriosität des Anbieters und v.a. Vertrauen in den Datenschutz.

Heimservices können auch einen Einfluss auf die Nahversorgung haben. Eine Gefahr von Online-Heimservices besteht im Wegfall von Infrastruktur im Nahversorgungsbereich, z.B. beim E-Banking. Die zunehmende Abwicklung von Banktätigkeiten via Internet führt zu einer Ausdünnung entsprechender Infrastruktur.

Unter der Rahmenbedingung des "Greisslersterbens" können Online-Heimservices bei entsprechend begleitender Förderung eher eine Chance als eine Gefahr für kleine und mittlere Unternehmen bedeuten. Mit Flexibilität und Innovationsfreudigkeit können sie von der Nutzung neuer Vertriebskanäle profitieren.

Ein zukunftsträchtiges Beispiel sind etwa Plattformen unterschiedlicher Heimserviceanbieter, auf welchen lokale Gewerbetreibende gemeinsam mit Hausverwaltungen, Telekom- und IT-Unternehmen, EVUs, Contentanbietern, Gesundheitsdienstleistern u.a. ihre Dienste offerieren. Erste Vernetzungen dieser Art werden gegenwärtig in einem Wohnbauprojekt in Wien versucht.
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