Nachhaltigkeit der thermischen Sanierung der Fassaden von Wohngebäuden - Teil 1: Dauerhaftigkeit von Wärmedämm-Verbundsysteme

Im Rahmen der Forschungsarbeit wurde versucht, an Hand einer Befundaufnahme, die großteils augenscheinlich aber auch mit Hilfe von Laborproben erfolgte, an Hand von insgesamt 100 Objekten (Wohnbauten großteils im Wiener Raum) den Zustand von Wärmedämm-Verbundsystemen auf Basis der Dämmstoffe Styropor und Mineralwolle zu untersuchen.

Sinn dieser Untersuchungen war es darzustellen, in welchem Zustand bzw. auch mit welchen typischen Schäden die Fassadensysteme nach einer Bestandsdauer von > 15 Jahren behaftet sind und wie die gesamte Nutzungsdauer im Sinne einer Nachhaltigkeit abgeschätzt werden kann.

Im Laufe der letzten 30 Jahre haben sich Wärmedämm-Verbundsysteme durchaus in ihrem Aufbau bzw. auch in der Material- und Verarbeitungstechnologie verändert. Aus einem ursprünglich hoch kunststoffmodifizierten, mineralischen System mit Dämmstoffdicken von maximal 35 mm haben sich heute komplexe Wärmedämmsysteme mit Dämmstoffdicken von bis zu 40 cm (!) entwickelt, wobei die Oberflächengestaltung sich von konventionellen Putzsystemen hin zu lackierten, glatten, polyurethan-spritzfolienbeschichteten und verfliesten Oberflächen entwickelt hat.

Das Ergebnis der Untersuchungen zeigt deutlich, dass bei einem mittleren Alter der untersuchten Fassaden von etwa 17 Jahren (maximales Alter über 30 Jahre) insgesamt ein optisch guter Gesamtzustand vorliegt und eine Nutzungsdauer in der Regel von mehr als 25 Jahren problemlos erreicht wird. Ebenso wurde aufgezeigt, dass bei entsprechenden Pflege und Wartungsmaßnahmen diese Nutzungsdauer jedenfalls wesentlich verlängert werden kann.

Aus den Ergebnissen dieser Untersuchung ergibt sich, dass zusätzliche technische Maßnahmen für WDVS eingehalten werden sollten um einerseits eine möglichst hohe Nutzungsdauer zu garantieren, ein einfaches Instandsetzen zu ermöglichen und nach Ablauf der Nutzungsdauer der Deckschichte lediglich diese zu erneuern und das WDVS einem zweiten Kreislauf zuzuführen.

  • Die WDVS sollten durchgehend bei Instandsetzungen mit einer Verdübelung ausgeführt werden, wobei hinsichtlich der verwendeten Materialien Rückstellproben zu lagern oder zumindest Produktdeklarationen dem Bauakt beizufügen wären.
  • Für die Verwendung eines WDVS sollte eine "örtliche" bezogene Freigabe erfolgen. Dies ist insofern notwendig, da WDVS hinsichtlich Algenbildung und Verschmutzung oft unterschiedlich reagieren. Es wäre durchaus sinnvoll bei Objekten, die derzeit einen massiven Algenbefall aufweisen, Musterfelder anzulegen und so einen Vergleich für die Eignung eines WDVS (bzw. der Deckschichte) bei ungünstigen Lagen hinsichtlich einer Algenanfälligkeit zu prüfen.
  • Eine Vorschreibung der Verwendung einer zweilagigen Armierung im Eingangsbereich bzw. im Sockel für Schlagfestigkeit < 6 J und im Bereich bis zu etwa 2 m über GOK. Diese Forderung war in den ursprünglichen Zulassungsbestimmungen der MA 35 S 1/80 beinhaltet und ist erst offensichtlich aus Kostengründen bei Instandsetzungen der letzten 10 Jahre weggelassen worden.
  • Für den Sockelbereich sind dichte Anschlüsse zum Untergrund vorzuschreiben damit eine Verringerung der Gefahr der Hinterwanderung durch tierische Schädlinge (z.B. Ameisen) oder Pflanzen erreicht wird.
  • Die gesicherte Einhaltung der Mindestschichtdicken von Unter- und Oberputz ist unabdingbar; eine qualitätsgesicherte Kontrolle der Bauausführung ist ratsam.
  • Das WDVS sollte möglichst wenige Durchdringungen aufweisen. Dies bedeutet, dass äußere Fensterbänke mit einer Wiederkehr als problematisch einzustufen sind und, dass ebenso bei eingesetzter äußerer Fensterbank kein Silikonverstrich zwischen dem Aufbug der Fensterbank und der Oberputzschichte gemacht werden sollten, da dies häufig zu Abreißbildungen führt.
  • Hinsichtlich der Gefährdung durch Spechte wird vorgeschlagen, in den Eckbereichen ähnlich den Brandschutzriegeln Mineralwollestreifen einzusetzen. Die Freigabe durch den Systemhalter des WDVS ist Vorraussetzung.

Aus der derzeitigen, technologischen Sicht unter Berücksichtigung der Kosten für die Fassadenherstellung führt kein Weg an einer Außenwärmedämmung der Wände mittels WDVS vorbei, da die Energieeinsparung im Vordergrund steht.

Bei der Bewertung der alternativen Dämmstoffe, die nunmehr auf den Markt kommen, ist noch Vorsicht geboten. Es ist jedoch anzunehmen, dass auf Grund der CE-Zulassungsverpflichtung ein entsprechender Produktnachweis für eine dauerhafte Nutzung möglich sein sollte.

Hervorzuheben ist auch, dass das bis dato mit mehr als 90 % der ausgeführten Objekte verwendete Fassadensystem mit der Dämmung Styropor durchaus echte Langzeiteigenschaften aufweist und durch die Möglichkeit des einfachen Nachbeschichtens der Deckschichte auch "an der Fassade" recycliert werden kann.

Aufgrund der kostengünstigen thermischen Instandsetzung mittels WDVS wird auch weiterhin ein ungebrochener Boom auf diese Art der Fassadensanierung anhalten.
Fakten
  • Projektträger
    Magistratsabteilung 39 - Versuchs- und Forschungsanstalt der Stadt Wien
  • Projektteam
    Georg Pommer
    Christian Pöhn
    Christian Rück, Wiener Wohnen
  • Laufzeit
    01/2006 - 12/2006
  • Kontakt
    pog[at]m39.magwien.gv.at
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