Nachhaltigkeits-Monitoring Molkereistraße

Das Monitoring umfasst die Evaluierung von Nutzerzufriedenheit, Energieperformance und Errichtungskosten des Passivhaus-Studentenheims Molkereistraße in Wien.

Das Studentenheim Molkereistraße im zweiten Wiener Gemeindebezirk wurde im September 2005 fertig gestellt und war zu diesem Zeitpunkt das größte Passivhaus weltweit. Das Gebäude wurde von der ARWAG und von den Architekten Baumschlager & Eberle (P.ARC) geplant und von der MIGRA errichtet. Es umfasst sieben Geschosse mit insgesamt 278 Einzelzimmern. Generalmieter ist die ÖAD Wohnraumverwaltungs GmbH (Österreichischer Austauschdienst), die die Wohnplätze internationalen Studierenden zur Verfügung stellt, hauptsächlich im Rahmen des "Erasmus- Programms" des EU-weiten StudentInnen-Austausches. Im Rahmen der Forschungsstudie wurden bis zum Ablauf der ersten beiden Heizperioden erstmals Fragen der Energieeffizienz, der Bewohnerzufriedenheit und der Objektfinanzierung umfassend erforscht.

Durch das Passivhaus Molkereistraße können gegenüber einer vergleichbaren, konventionellen Wohnhausanlage in Österreich rund 700 Megawattstunden pro Jahr an Energie und damit rund 40.000 Euro an Heizbetriebskosten eingespart werden. Die CO2-Belastung wird dadurch jährlich um rund 100 Tonnen reduziert.

Die Messungen der Universität für Bodenkultur ergaben, dass durch die Realisierung der Passivhaustechnik im Vergleich zu durchschnittlichen konventionellen österreichischen Wohnbauten trotz noch vorhandener Restfeuchte in den Mauern etwa vier Fünftel der Heizenergie und damit auch der Treibhausgasemissionen eingespart werden konnten. Weitere Einsparungen wären erreichbar, wenn Fenster weniger oft gekippt würden. Ein Verhalten, das auf individuell unterschiedliches Temperaturempfinden und Informationsdefizite der Nutzer zurückzuführen ist, wie sich im Zuge von Bewohnerbefragungen herausstellte.

Mehr als 80% der StudentInnen fühlen sich im Passivhaus wohl. Das Wohnheim in der Molkereistraße erhielt hinsichtlich Zufriedenheit mit der Unterbringung die zweitbeste Bewertung von insgesamt 26 analysierten Wiener Studentenheimen.

Durch die Forschungsergebnisse konnten einzelne Fehler in der Regelungstechnik aufgezeigt und Maßnahmen zur weiteren Steigerung der Gesamtenergieeffizienz gesetzt werden. Zusätzlich können aus den Befragungen der Bewohner Empfehlungen abgeleitet werden, um die Zufriedenheit in Passivhäusern sowie die Nutzerakzeptanz weiter zu steigern.

Methodik

Für die Analyse der Energieperformance, wurden fünf Wärmemengenzähler und vier Elektrozähler installiert, um den Gesamtenergieverbrauch auf einzelne Energiedienstleistungen (Heizung, Warmwasser, Lüftung, Beleuchtung und andere) zuzuordnen. Weiters wurden in 21 ausgewählten Wohneinheiten die Raumtemperatur und die Luftfeuchtigkeit gemessen. Die gemessenen Energieverbrauchsdaten wurden umgerechnet auf Normbedingungen (20 °C Innenraumtemperatur) um einen Vergleich mit der in Planung durchgeführten Energiebedarfsrechnung gemäß PHPP (Passivhaus-Projektierungspaket) zu ziehen. Die Energieverbrauchswerte wurden auf Bruttogeschoßfläche bezogen.

Die Nutzerbefragung betrifft die Zufriedenheit mit Passivhauskomponenten wie beispielsweise Lüftung, Heizung und Fenster und schließt auch die damit verbundenen Bedürfnisse (z.B. Fensterlüftung) der Bewohner mit ein. Erstens wurde eine allgemeine Befragung nach der Nutzerzufriedenheit in 26 Wiener Studentenheimen durchgeführt (8 bis 187 ausgewertete Fragebögen pro Gebäude) und zweitens wurde in der Molkereistraße ein zusätzlicher Fragebogen eingesetzt, um die Zufriedenheit mit Passivhauskomponenten zu erheben (129 ausgewertete Fragebögen).

Ergebnisse

Das automatische Abschalten der Heizung, sobald die Fenster geöffnet werden, finden 83 % der Befragten eine gute Lösung. Die Mehrheit der Befragten ist mit der Regulierbarkeit der Raumtemperatur (17 - 25 °C) zufrieden und bewertet das Raumklima als angenehm.

Aus der Befragung geht weiters hervor, dass das Temperaturempfinden individuell sehr verschieden ist und dass die Regulierbarkeit der Heizung und der Verschattung teilweise nicht bekannt ist. Dies wird vom Betreiber zum Anlass genommen, die Informationstätigkeit weiter zu verbessern.

Der Endenergieverbrauch pro Bruttogeschoßfläche für Beheizung, Warmwasser und Raumlufttechnik im Jahr 2007 betrug 56 kWh/(m².a), wobei 21 kWh/(m².a) Fernwärme für Beheizung, 35 kWh/(m².a) Fernwärme für Warmwasserbereitung und 5,5 kWh/(m².a) Strom für die Belüftung der Appartements eingesetzt wurden. Bei einer von Februar bis März in 21 ausgewählten Räumen gemessenen Raumlufttemperatur von 23,2 °C im Median (Standardabweichung 1,7 K) liegen die Transmissionsverluste um 22 % höher als bei Auslegungsbedingungen. Der raumtemperaturbereinigte Endenergieverbrauch für die Beheizung liegt bei 15 kWh/(m².a) und damit nahe dem Zielwert.

Auffällig ist, dass mit zunehmender Optimierung der Gebäudehülle die Trinkwassererwärmung den dominierenden Wärmeverbrauch darstellt. Hier können mit einfachen Mitteln (Drosselventile in Armaturen) erhebliche Einsparungen erzielt werden. Zudem lässt sich durch die Einbindung erneuerbarer Quellen (Solarthermie) eine deutliche Reduktion des Primärenergieverbrauchs realisieren.

Schlussfolgerungen

Die Anwendung des Passivhauskonzepts auf Studentenwohnheime stellt spezielle Herausforderungen. Bewährt hat sich die maschinelle Be- und Entlüftung der Apartments. So können gute Raumluftqualitäten bei gleichzeitiger Reduktion des Heizwärmeverbrauchs sichergestellt werden. Allerdings wird die fehlende Regelbarkeit von Nutzern bemängelt.

Nach Inbetriebnahme der Gebäude erfolgt häufig keine Überprüfung der Planungs- und Zielwerte. So werden in der Betriebsführung falsche Einstellungen oder Defekte oft lange Zeit nicht bemerkt. Bei allen Projekten wurden durch das Monitoring Einsparpotentiale aufgezeigt. Dem Betreiber fehlen dazu in der Regel geeignete Analyseinstrumente und/oder personelle Kapazitäten.

Für einen energieeffizienten Betrieb ist eine ganzheitliche Betrachtung der Energieflüsse wichtig. Bei den Passivhaus- Wohnheimen wird der Wärmebezug vom Warmwasserverbrauch dominiert. Durch wassersparende Armaturen und Nutzung regenerativer Energiequellen lassen sich hier in Hinblick auf Primärenergie und Treibhausgasemissionen weitere Reduktionspotentiale erschließen.

Können Fehler in der Betriebsführung erkannt und abgestellt, sowie die Nutzer in das Gebäudekonzept einbezogen werden, zeigt sich, dass der Betreiber der Gebäude hohen Wohnkomfort bei geringen Betriebskosten zur Verfügung stellen kann.
Fakten
  • Projektträger
    Universität für Bodenkultur Wien, Institut für konstruktiven Ingenieurbau, Arbeitsgruppe Ressourcenorientiertes Bauen
  • Projektleitung/Bearbeiter
    Martin Treberspurg
    Roman Smutny
  • Projektpartner
    FGW: Andreas Oberhuber

    teamgmi Ingenieurbüro GmbH: Michael Berger

    Österreichischer Austauschdienst (ÖAD) - Wohnraumverwaltungs-GmbH: Günther Jedliczka

    Wien Energie, Fernwärme Wien GmbH: Alexander Wallisch, Eike Ehrenreich, Reinhard Scheifler
  • weitere Unterstützung
    Österreichischer Austauschdienst (ÖAD) - Wohnraumverwaltungs-GmbH

    ARWAG Holding AG, Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft MIGRA GmbH

    Fernwärme Wien GmbH

    Bergische Universität Wuppertal - Fachbereich Architektur - Bauphysik und Technische Gebäudeausrüstung
  • Laufzeit
    September bis Dezember 2007
  • Kontakt
    martin.trebersburg[at]boku.ac.at
  • Downloads
  • Abstract 32.54 KB
    Projektbericht 2.1 MB
    Zusammenfassung Projekt-bericht, Resultate und Empfehlungen 174.86 KB