RUMBA Monitoring II
Monitoring und Praktikabilitätsprüfung der in den Bauträgerauswahl-Verfahren Thürnlhofstrasse Ost und West vorgesehenen Maßnahmen zum Thema "Umweltfreundliche Baustellenabwicklung"

Ergänzendes Wohnbauforschungsprojekt zum EU-LIFE Projekt RUMBA - Richtlinien für eine umweltfreundliche Baustellenabwicklung

Kurzbericht

Mit der Fertigstellung der letzten Wohneinheiten im Sommer 2008 am Thürnlhof West ist Europas umweltfreundlichste Baustelle beendet. Die Prognosen während der ersten Phase weichen nun den tatsächlichen Endergebnissen: 66 % weniger gefahrene Lkw-Kilometer und 37 % weniger Lkw-Fahrten als konventionelle Baustellen.

Aus Gründen der Vollständigkeit wurde der vorliegende Zwischenbericht ergänzt und dem Endbericht zugrundegelegt. Zur Ergebnissicherung ist es aber nötig zum Anfang von RUMBA zurückzukehren: Eine überschlägige Analyse von Logistikmustern vergleichbarer Baustellen bescheinigt die Effizienz von Logistik Maßnahmen. Der Monitoringbericht bietet einen detaillierten Einblick in die Ergebnisdaten und die Grundlage für ein Benchmarking in der Baulogistik. Über die Analyse des Pilotprojekts hinaus, ist es das Ziel, ein System zur Logistik-Evaluierung größeren Maßstabs zu schaffen: Von der Planung einer umweltfreundlichen Baustelle hin zur Logistik umweltfreundlicher Stadtentwicklung am Beispiel des neuen Hauptbahnhofs und des Flugfelds Aspern, das mit 240 ha Europas größtes Stadtentwicklungsgebiets ist.

Umweltbelastung durch Baustellen

Bauen belebt die Wirtschaft, sichert unseren Wohlstand und unsere Lebensqualität. Bautätigkeiten verursachen aber auch Lärm, Abfälle, Staub und weitere Abgase - wir und unsere Umwelt werden damit belastet. Untersuchungen haben Folgendes ergeben:

  • Der Bau einer Wohnung verursacht ungefähr 60 Lkw-Fahrten, insgesamt werden dabei ungefähr 2.500 bis 3.000 Kilometer zurückgelegt. Die durchschnittliche jährliche Wohnbauleistung in Wien von 5.000 Wohnungen erzeugt damit zirka 15 Millionen Lkw-Kilometer.
  • In Wien machen Baustellenfahrten zwar nur 1 Prozent des Gesamtverkehrs aus, durch den hohen Schwerverkehrsanteil und die teilweise bereits älteren Fahrzeuge verursachen diese aber 10 % der Emissionen.
  • Ohne geeignete Gegenmaßnahmen entsteht auf Baustellen sehr viel Staub, insbesondere auch besonders gefährlicher Feinstaub.
  • Nur ein geringer Teil der Baustellenabfälle wird nach Sorten getrennt und dann wiederverwertet. Bei konventionellen Baustellen fallen 75 bis 80 % gemischte Baustellenabfälle (ohne Bodenaushub) an.

Ziel der Stadt Wien und auch vieler weiterer Städte und Gemeinden ist es, den Bauprozess möglichst umweltfreundlich zu gestalten und die Belastungen gering zu halten. 2001 wurde dazu das von der EU im Life-Umwelt-Programm geförderte Projekt RUMBA - Richtlinien für eine umweltfreundliche Baustellenabwicklung gestartet. RUMBA hat zum Ziel, den rechtlichen und organisatorischen Rahmen für eine umweltfreundliche Baustellenabwicklung unter fairen Wettbewerbsbedingungen zu verbessern und in Demonstrationsvorhaben zu zeigen, dass Umweltmaßnahmen praktikabel und wirksam sind.

Umweltfreundlichste Baustelle Europas: RUMBA-Demonstrationsvorhaben Thürnlhof

2004 hat die Stadt Wien im Rahmen von RUMBA einen Bauträgerwettbewerb zum Thema "Umweltfreundliche Baustellenabwicklung" abgehalten. Die Gewinner errichten bis 2007 auf acht Bauplätzen am Thürnlhof in Wien Simmering rund 1.000 geförderte Wohnungen. Ziel dabei ist es, dass die Anzahl der Lkw-Fahrten und der zurückgelegten Lkw-Kilometer im Vergleich zu normalen Baustellen reduziert werden und vorrangig moderne, schadstoffarme Lkws (mindestens Umweltstandard Euro III) zum Einsatz kommen. Weiters soll Staub auf der Baustelle vermindert sowie der anfallende Abfall möglichst sortenrein getrennt und damit wieder verwertbar werden, um sowohl Ressourcen als auch Deponievolumen einzusparen.

Zur Erreichung dieser Ziele werden auf den Baustellen am Thürnlhof folgende Maßnahmen umgesetzt:

  • Einrichtung eines bauplatzübergreifenden, über die gesamte Bauzeit betriebenen Baulogistikmanagements;
  • Erfassung und Kontrolle aller LKW-Fahrten, Ladungen, Fahrtweiten, Routen etc. zur und von der Baustelle - erstmals wird dadurch die genaue Erfassung der Transporte und Wirkungen einer Baustelle möglich sein;
  • Entgeltpflicht für Lkw-Fahrten, die während der Aushub- und Rohbauphase eine Entfernung von 15 bzw. 10 km überschreiten;
  • Éntgeltpflicht für Lkw mit schlechteren Umweltstandards als Euro III;
  • Einrichtung einer Abfallsortierinsel zur Trennung der Baurestmassen schon auf der Baustelle;
  • Zwischenlagerung des Bodenaushubs auf noch nicht bebauten Bauplätzen und Wiederverwendung z.B. für Geländemodellierung und Grünraumgestaltung, oder als Erdbaumaterial für andere Baustellen in der Umgebung;
  • Reduktion der Bodenaushubmenge für die Garagen- und Kellererrichtung am Bauplatz der GEWOG durch Anhebung des Tiefgaragengeschosses, zugleich architektonisch interessante Gestaltung der Erdgeschoßzone und natürliche Belichtung der Garage.
  • Staubminderung durch die Befestigung und Reinigung von Baustraßen, Abdecken und Bewässern von Staubträgern wie beispielsweise Grubenböschungen und Schüttgut.

Lernen von Thürnlhof: Monitoring und Praktikabilitätsprüfung der erprobten Maßnahmen

Im Zuge des Monitorings, das aus Mitteln der Wiener Wohnbauforschung finanziert wird, wurden Umfang und Art der Lieferungen den einzelnen Bauobjekten zugeordnet. Die dokumentierten Logistikdaten wurden monatlich geprüft und ausgewertet. Die Datensammlung bedeutet zugleich einen neuen Bezugswert für Baulogistik in Wien:

  • 7 km/m² (BGF) or 850 km/Wohneinheit
  • 0,3 Lkw-Fahrten/m² (BGF) or 38 Lkw-Fahrten/Wohneinheit

Daraufhin erfolgt die Evaluierung der Praktikabilität und Wirksamkeit der Maßnahmen und ihrer Übertragbarkeit auf andere Baustellen. Insbesondere wird die Umlegbarkeit auf den gesamten Wiener Wohnbau geprüft. Dabei werden insbesondere die Aspekte Umweltwirksamkeit, technische Umsetzbarkeit und (betriebs- und volkswirtschaftliche) Kosten untersucht.

Erkenntnisse des Monitorings

Die vorliegenden Umweltergebnisse sind vielversprechend:

Die deutlich verringerte Fahrleistung für den Großteil des Massenstroms - Aushub und Rohbau betragen 88 % des Massenaufkommens am Bau - ist der derzeit deutlichste Umweltgewinn aller RUMBA-Maßnahmen. Die Entfernungsbeschränkung für entgeltfreie Transporte und die höhere Nutzlast/Fahrt reduziert das Kilometeraufkommen um ca. 66%, wie der Vergleich mit einem 1994 untersuchten konventionellen Bauprojekt zeigt. Die Vermeidung dieser Lkw-Kilometern gemeinsam mit den positiven Auswirkungen einer JiT-Logistik machen eine über 70%ige Einsparung von Schadstoffen, Straßenabnutzung und Lärmbelästigung aus. Zieht man zusätzlich den hohen EURO III-Anteil am Thürnlhof in Betracht, liegt die Reduktion von Umweltbelastung durch Baustellenverkehr im Vergleich zu konventionellen Baustellen wahrscheinlich sogar über 80 %.

Ein Drittel der Errichtungskosten von Gebäuden ist über Logistik beeinflussbar; nicht nur Transport sonder Umschlag, Flächenmanagement, Lagerung, Diebstahlschutz und Beuzeitverkürzung sind hier inbegriffen. Die Kosten für das Umwelt- und Logistikmanagement liegen bei weniger als 1 % der Gesamtbaukosten.
Fakten