Freiräume in Wohnquartieren - Best practice

Gute Beispiele aus Wien und anderen europäischen Städten

Wohnen im Grünen ist ein von den ÖsterreicherInnen immer wieder geäußerter Wunsch, wenn es um die Frage nach der Lebensqualität geht.

Auch die WienerInnen sehnen sich nach Grünflächen in unmittelbarer Wohnnähe. Die hohe und weiterhin steigende Bebauungsdichte in Wien stellt die ArchitektInnen und LandschaftsarchitektInnen aber vor spezielle planerische und finanzielle Herausforderungen.

In Wohnquartieren mit mehrgeschossigem Wohnbau spielt die Qualität der Freiräume eine besondere Rolle, da hier die unterschiedlichsten Ansprüche und Anforderungen auf engstem Raum aufeinander treffen. Leistbarer Wohnraum ist mit den Ansprüchen an die privat, halböffentlich und öffentlich nutzbaren Flächen und mit einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung zu verknüpfen.

Die Forschungsarbeit gibt neue Impulse für die Diskussion zu den Qualitäten der Freiräume in diesen Wohnquartieren. Thema ist die Situation und Qualität von Freiräumen in Wohnquartieren in Wien und in anderen, mit Wien vergleichbaren europäischen Städten. Interviews mit ExpertInnen und die Auswertung der aktuellen Fachliteratur fassen die aktuellen Erfahrungen und Fachmeinungen zusammen.

Dargestellt und aufbereitet werden gute Beispiele und gute Einzelaspekte, "best practice", aus Stadtquartieren verschiedener Städte u. a. aus Amsterdam, Berlin, Zürich, München, Utrecht, Dresden, Linz und Malmö.

Zu Aspekten und Themen, die für die Entstehung und die Qualität von Freiräumen in Wohnhausanlagen eine Bedeutung haben und die in dieser Studie diskutiert werden, gehören:

  • die städtebauliche Gesamtkonzeption
  • die Einbindung der Bevölkerung in die Entwicklung
  • das Angebot und die Ausgestaltung von Freiräumen mit unterschiedlichen Öffentlichkeitssphären
  • die Wahrnehmung und Ausgestaltung der sichtbaren und unsichtbaren Grenzen und Übergänge
  • Materialwahl
  • Pflanzenwahl
  • eine anregende Atmosphäre
  • ein optimales Pflegekonzept
  • kreative Organisationsformen der BauträgerInnen und der Ausführenden
  • Qualitätssicherung auf allen Planungsebenen und während des gesamten Planungsprozesses

In den letzten Jahren in der Literatur bzw. von den ExpertInnen - unabhängig von den rechtlichen, organisatorischen und auf den Planungsprozess bezogenen - primär genannte Qualitätsansprüche im Zusammenhang mit Freiräumen in Wohngebieten sind:

  • Die Funktionen, die Flächen übernehmen, sowie die Nutzungsqualitäten und die Erlebnisqualitäten. Hintergrund sind die Fragen: Wer hält sich im Wohnumfeld auf? Welche Funktionen müssen erfüllt werden? Welche Ansprüche gibt es? Wie wird das Wohnumfeld erlebt?
  • Nutzbarkeit, Erlebniswirksamkeit und Sicherheit spielen eine entscheidende Rolle für die Qualität des Wohnumfeldes. Um sie zu erreichen, sind die Organisation und die Ausstattung der Freiräume besonders wichtig.

Themenschwerpunkte

In den vier Themenschwerpunkten:

  • Freiraum - Erlebnis
  • Freiraum - Nutzbarkeit
  • Freiraum - Organisation
  • Freiraum - Ausstattung

wird eine zusammenfassende Auswahl von Rahmenbedingungen dargestellt und beleuchtet.

Freiraum - Erlebnis versucht das Stimmungsbild zu verdeutlichen, das mit sorgfältig entwickelten Freiräumen erzielt werden kann. Außerdem wird dargestellt, welche Aspekte das Wohlfühlen der BewohnerInnen unterstützen. Einen Freiraum zu erleben kann das Wohlbefinden heben, das Verbleiben in der Wohnhausanlage kann dadurch gefördert werden.

Freiraum - Nutzbarkeit befasst sich mit dem Aspekt, wie BürgerInnen Planungsprozesse begleiten können. Beispiele wie die Beteiligung im Rahmen der Entwicklung des Kabelwerks in Wien, 12. Bezirk, Meidling oder des Umgestaltungsprozesses der Freiräume in Bremen-Tenever zeigen verschiedene Beteiligungsmöglichkeiten von BürgerInnen, die zu nutzbaren und akzeptierten Freiräumen führen können. Über den intensiven Kontakt mit den BewohnerInnen können deren Wünsche und Ideen mit in die Planungen und Realisierungen einfließen.

Freiraum - Organisation skizziert ausgehend von der städtebaulichen Entwicklung über die generelle Freiraumentwicklung eines Areals bis hin zum Angebot an verschiedensten Freiraumtypen grundsätzliche Qualitätsaspekte. Eine städtebauliche Konfiguration, die geeignete Freiräume mit einplant, ermöglicht die Entwicklung entsprechender Teilräume für eine private, gemeinschaftliche und öffentliche Nutzung. Ein differenziertes Raumprogramm für die unterschiedlichen Ansprüche, klare Hierarchien und Grenzen zwischen den Teilräumen und die Anbindung an angrenzende Stadträume und Infrastruktureinrichtungen sind nur einige Aspekte, die die Nutzbarkeit und Erlebniswirksamkeit der Freiräume unterstützen.

Freiraum - Ausstattung stellt beispielhaft Detailaspekte zu den Themen Pflanzen- und Materialauswahl in Freiräumen zusammen. Die Pflanzen- und Materialwahl, die auf die einzelnen Orte abgestimmt ist, unterstützt ihre Nutzungs- und Erlebniswirksamkeit. Bei der Auswahl sind Faktoren wie Alterungsfähigkeit, Pflege und Erhaltung und insbesondere die Verarbeitungsqualität zu berücksichtigen.

Planungsprozess

Um Qualitäten im Wohnumfeld von Siedlungen und mehrgeschossigen Wohnbauten zu ermöglichen, sind neben diesen vier Themenschwerpunkten entsprechende Vorgaben im Planungsablauf festzulegen.

Bereits in den Wettbewerben zur städtebaulichen Entwicklung neuer Siedlungsteile werden Rahmenbedingungen vorgegeben, die dann in der Detailebene zu einer für die BewohnerInnen nutzbaren Organisation und Ausführung der Freiräume führen können.

Das Zusammenspiel der Planungsebenen sowie die übersichtliche Verankerung im Planungsrecht und in den jeweiligen Plänen haben hierbei eine besondere Bedeutung. An den Städten Linz, Zürich, München und Wien wird beispielhaft aufgezeigt, wie und wo Verankerungen im Planungsrecht möglich sind. Neben den rechtlichen Verankerungen sind Rahmenrichtlinien, Gestaltungshandbücher oder ähnliche Vorgaben von Seiten der jeweiligen Städte hilfreiche Ergänzungen, um Qualitätsvorstellungen zu formulieren und zu transportieren.

Die Kontrolle der Umsetzung durch entsprechende Fachleute der Städte fördert die Qualitätssicherung. Eine differenzierte Ausschreibung der gewünschten Leistungen trägt hier zu einer enormen Qualitätsverbesserung bei.

Je nach Rechtslage sind in den Städten Europas unterschiedliche Finanzierungsmodelle möglich. In Großstädten wie Zürich, Kopenhagen oder Malmö werden von den InvestorInnen Beiträge zur Finanzierung bzw. teilweise die gesamte Finanzierung der Infratruktureinrichtungen wie Straßen, Schulen, öffentliche Grünflächen, Kindergärten erwartet. Wien fördert den Wohnbau über den wohnfonds_wien und kann hier gewisse Qualitätsvorgaben bzw. die Koordination bei der Errichtung - z. B. bei der Errichtung von gemeinsamen Spielplätzen - vorgeben.

Die fachlich qualifizierte Begleitung des Planungsprozesses von der städtebaulichen Entwicklungsebene bis hin zur Umsetzung trägt zur Steigerung der Gesamtqualität der Bauvorhaben und der Freiräume bei. Im Planungsprozess kann speziell auf die Planung und Realisierung von Freiräumen mit hohem sozialen Gebrauchswert geachtet werden. Kooperative Planungsverfahren, wie sie derzeit auch in der Seestadt Aspern in Wien ausprobiert werden, sind eine Möglichkeit, Qualitäten gemeinsam zu entwickeln und von Planungsebene zu Planungsebene zu vertiefen. Wichtig ist, dass solche Verfahren nicht nur in speziellen Einzelfällen angewandt werden, sondern in den Planungsalltag auch bei kleineren Projekten Eingang finden.

Pflege

Ein weiterer Aspekt, den es von Beginn an mit zu berücksichtigen gilt, ist die Organisation und Qualität der Pflege der Freiräume. Spätestens im Rahmen der Projektentwicklung auf Bauplatzebene ist die Pflege mit zu bedenken. Pflegeverträge mit differenzierten Leistungsbeschreibungen, die den erwarteten Qualitätszustand der Flächen vorgeben, und eine Pflege durch Fachleute fördern die Zufriedenheit der BewohnerInnen und der BauträgerInnen. Sie mindern außerdem die Fluktuation der BewohnerInnen, wie ein Beispiel in Göttingen zeigen konnte.

Hochwertige Wohnadressen sind zentrale Anliegen von BauträgerInnen

Eine Entwicklung von hochwertigen Wohnadressen gehört zu den zentralen Anliegen von BauträgerInnen. Dazu gehören auch attraktive Freiräume rund um die Wohnanlage. Daher achten in München inzwischen auch einzelne BauträgerInnen darauf, dass die öffentlichen Flächen, die an ihre Liegenschaften angrenzen, parallel zu ihren Bauten entwickelt und umgesetzt werden. Die Freiräume der Wohnhausanlagen werden von den InvestorInnen in vielen Städten Europas als Visitenkarte der Anlagen angesehen und entsprechend entwickelt.

BauträgerInnengemeinschaften, wie sie in Wien inzwischen bei einigen Projekten entstehen, vgl. Kabelwerk, fördern die gemeinsame sinnvolle Entwicklung der Freiräume.
Fakten
  • Projektträger
    Technisches Büro für Landschafts- und Freiraumplanung
  • Projektleitung/Bearbeiter
    Gisa Ruland,
    Maria Auböck,
    Janós Kárász
    Gerhard Rennhofer
  • Laufzeit
    Jänner - November 2009
  • Kontakt
    gisa.ruland[at]freiraum.or.at
  • Downloads
  • Abstract 189.4 KB
    Projektbericht 7.32 MB