Evaluierung und Effizienzanalyse angebotener Qualitäten und Standards von Projekten des Grundstücksbeirats sowie aus Bauträger-wettbewerben hinsichtlich der Thematik „Kostengünstiges Wohnen“

Beginnend mit dem Jahr 2011 wurden die Schwerpunkte des Wiener Wohnbau-forschungsprogrammes auf die Bereiche „Leistbares Wohnen“, „Technische und ökologische Qualitäten und Standards im Neubau“, „Technische und ökologische Qualitäten und Standards in der Sanierung“ sowie „Wohnen in Gemeinschaft“ gelegt. Im Bereich „Leistbares Wohnen“ sollten dabei insbesondere Aspekte der Kostenreduktion durch Planung, Pilotprojekte zu kostengünstigem Wohnbau, flächenökonomischem Bauen, Finanzierungsvarianten und Förderungsvarianten untersucht werden. Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 50, hat nun im September 2011 das Ziviltechnikerbüro DI Herbert Liske mit einer Evaluierung und Effizienzanalyse angebotener Qualitäten und Standards im geförderten sozialen Wohnbau im Hinblick auf die Thematik „Kostengünstiges Wohnen“ beauftragt.

Es handelt sich hierbei um ein Forschungsprojekt, welches insbesondere die Analyse angebotener Qualitäten und Standards in den Bereichen Soziale Nachhaltigkeit, Architektur, Ökologie und Ökonomie im Kontext zu „Kostengünstigem Wohnen“ beinhaltet. Die vorliegende Studie ist somit gleichermaßen als Bewertung bzw. Analyse der Effizienz der eingesetzten Mittel (Standards und Qualitäten im geförderten sozialen Wiener Wohnungsneubau) im Lichte des Untersuchungsgegenstandes zu sehen, welches im Kontext von Parametern bzw. Indikatoren kostengünstigen Wohnens betrachtet wird.

Ergebnisse

Vorab wurde in einem ersten Teil der Arbeit eine Analyse eines abgeschlossenen Bauträgerwettbewerbes zum Thema „Kostengünstiges Wohnen“ durchgeführt, da hiermit insbesondere Aussagen und Rückschlüsse zwischen angebotenen Qualitäten und der Aufgabenstellung erwartet wurden.

Wesentliche Ergebnisse der Analyse dieses Wettbewerbes im Vergleich zu den Ergebnissen der Studie vom März 2011 waren dabei folgende:

Bei den „förderbaren Gesamtbaukosten pro Quadratmeter förderbarer Nutzfläche“ zeigte sich, dass im Vergleich zu der Studie vom März 2011 im Zuge des Bauträgerwettbewerbes „Kostengünstiges Wohnen in Wien Donaustadt“
  • rd. 8% geringere Werte im Vergleich zu den Projekten aus Bauträgerwettbewerben, sowie
  • rd. 10% geringere Werte im Vergleich zu den Projekten des Grundstücksbeirates festzustellen waren.
Die angebotenen Nutzerbelastungen zeigten, dass im Vergleich zu der Studie vom März 2011 im Zuge des o.a. Wettbewerbes
  • rd. 19% geringere Werte im Vergleich zu den Projekten aus Bauträgerwettbewerben, sowie
  • rd. 20% geringere Werte im Vergleich zu den Projekten des Grundstücksbeirates festzustellen waren.
Von insgesamt 64 erzielbaren Qualitäten im Zuge des Bauträgerwettbewerbes „Kostengünstiges Wohnen in Wien Donaustadt“ wurden durchschnittlich 30,2 Qualitäten angeboten. Dies entspricht einem geringfügigen Rückgang im Vergleich zu den untersuchten Projekten aus Bauträgerwettberben in der Studie vom März 2011 (-0,9 Qualitäten), jedoch eine nach wie vor wesentlich höhere Anzahl als bei Projekten des Grundstückbeirates (+5,3 Qualitäten).

Der zweite Teil der Arbeit stellte eine weitergehende Analyse hinsichtlich Kosten und Nutzen spezifischer angebotener Qualitäten im geförderten sozialen Wohnbau dar.

Um nun qualitätsvolle Aussagen zu Kosten und Wirksamkeiten / Nutzen zu erhalten, wurde die Methode der ExpertInnenbefragung gewählt. Dabei wurde in Abstimmung mit dem Auftraggeber vereinbart, für jede der 4 Qualitätssäulen („Soziale Nachhaltigkeit“, „Architektur“, „Ökologie“ oder „Ökonomie“) insgesamt 4 ExpertInnen vorzusehen.

U.a. war es dabei Ziel, dass jeder/jede ExpertIn entsprechend seiner/ihrer Kernkompetenz seinen/ihren Bereich des Fragebogens (Bereiche „Soziale Nachhaltigkeit“, „Architektur“, „Ökologie“ oder „Ökonomie“) jedenfalls beantwortet. Darüber hinaus war es aber auch möglich, weitere Bereiche zu beantworten, da insbesondere auch über die Kernkompetenz hinausgehendes Fachwissen berücksichtigt werden sollte.

Wesentliche Ergebnisse der auf diese Befragung aufbauenden Analysen waren folgende:

Grundsätzlich wurde deutlich, dass innerhalb der Qualitätssäule „Soziale Nachhaltigkeit“ überwiegend günstige Kosten-Nutzen-Situationen, innerhalb der Säule „Architektur“ tendenziell hohe Nutzen bei gleichzeitig höheren Kosten sowie innerhalb der Säule „Ökologie“ tendenziell kostenintensivere Qualitäten, dafür aber grundsätzlich höhere Nutzen gegeben sind.

Im Zuge einer differenzierten Betrachtung aus Nutzersicht bzw. volkswirtschaftlicher Sicht zeigte sich folgendes Bild:

Nutzerspezifisch „günstigere“ Kosten-Nutzen-Relationen ergeben sich dabei tendenziell bei den Qualitäten „Vermeidung von Angsträumen“, „ökonomische Grundrisse bzw. Erschließungssysteme“, „nutzungsneutrale Räume“ und „Beleuchtungskonzepte“ (Soziale Nachhaltigkeit), „Durchwegung und Durchlässigkeit“, „Bezug EG-Zone/Stadtraum“ und „überdurchschnittliche Vielfalt der Wohnungstypologie“ (Architektur), „Nachweis der Sommertauglichkeit“, „„klima:aktiv“-Standard“, „Brunnenwassernutzung“ und „Regenwassernutzung“ (Ökologie) sowie „unterdurchschnittlicher Grundkostenbeitrag“, „unterdurchschnittlicher Baukostenbeitrag“ und „Superförderung“ (Ökonomie).

Nutzerspezifisch „ungünstigere“ Kosten-Nutzen-Relationen zeigen sich etwa bei den Qualitäten „überdurchschnittliche Fläche Gemeinschaftsraum je Wohneinheit“ und „spezielle Angebote für unterschiedliche (Wohn)Kulturen“ (Soziale Nachhaltigkeit), „unterdurchschnittliche Anzahl Wohneinheiten/Stiege“ (Architektur), „unterdurchschnittlicher Versiegelungsgrad“, „Wärmepumpe“, „Nutzerbeete“ und „überdurchschnittliche Größe der Außenanlagen / Wohneinheit“ (Ökologie) sowie „Mietfreistellung und überdurchschnittliche Vielfalt der Rechtsformen“ (Ökonomie).

Volkswirtschaftlich „günstigere“ Kosten-Nutzen-Relationen ergeben sich tendenziell bei den Qualitäten „Hausbesorger „neu““, „ökonomische Grundrisse“ bzw. „Erschließungssysteme“, „unterschiedliche Wohnformen“ und „Besiedlungsmanagement“ (Soziale Nachhaltigkeit), „Durchwegung und Durchlässigkeit“, „überdurchschnittliche Vielfalt der Wohnungstypologie“ und „Bezug EG-Zone/Stadtraum“ (Architektur), „besonders energieeffizientes Gebäude“, „Passivhausstandard“, „Regenwasserversickerung“ und „Solaranlage“ (Ökologie) sowie „Superförderung“ und „unterdurchschnittlicher Grundkostenbeitrag“ (Ökonomie).

Volkswirtschaftlich „ungünstigere“ Kosten-Nutzen-Relationen finden sich beispielsweise bei den Qualitäten „überdurchschnittliche Fläche Gemeinschaftsraum je Wohneinheit“ (Soziale Nachhaltigkeit), „überdurchschnittlicher Anteil Nettonutzfläche an Bruttogeschoßfläche“ und „unterdurchschnittliche Anzahl Wohneinheiten/Stiege“ (Architektur), „kontrollierte Wohnraumlüftung mit Abluftventilation“, „100% indiv. zugeordnete Freiräume“, „Lüftung: schallgedämmte Nachstromöffnung“ und „Dachterrassen / Loggien“ (Ökologie) sowie „Mietfreistellung“ und „überdurchschnittliche Vielfalt der Rechtsformen“ (Ökonomie).

Eine Gegenüberstellung der (geschätzten) projektspezifischen Kosten und der Nutzen aus Nutzersicht bzw. volkswirtschaftlicher Sicht ergab, dass nicht automatisch die „teuersten“ Qualitäten auch die höchsten Nutzen erzielen. Vielmehr gibt es „teure“ Qualitäten, die eher niedrige Nutzen (wie z.B. „Wärmepumpe“, „Nutzerbeete“, u.a.) bzw. „günstige“ Qualitäten, die eher hohe Nutzen (wie z.B. „Nachweis der Sommertauglichkeit“, „Vermeidung von Angsträumen“, u.a.) verursachen.

Ebenso wird deutlich, dass es zwischen mikro- und makroökonomischen Nutzen teilweise große Differenzen gibt. So werden etwa bei den Qualitäten „100% indiv. zugeordnete Freiräume (inkl. Balkon, Loggia,…)“, „Lüftung: schallgedämmte Nachstromöffnung“, u.a. wesentlich höhere individuelle Nutzen gesehen, wohingegen bei den Qualitäten „Evaluierung, wissenschaftliche Begleitung“, „Regenwasserversickerung“ und „Photovoltaik“ die höheren Nutzen eindeutig auf der volkswirtschaftlicher Seite zu finden sind.
Fakten
  • Projektträger
    DI Herbert Liske
    Ingenieurkonsulent für Raumplanung und Raumordnung
    Kaiser Franz Josef-Ring 6
    2500 Baden
  • Projektteam
    DI Herbert Liske
    DI Josef Hameter
    Gabriele Bürger
  • Projektlaufzeit
    09/2011 - 12/2011
  • Downloads
  • Endbericht 3.71 MB