Architekturfestival "Turn on"
Entwurfskonzepte und Architekturvermittlung im Rahmen des 10. Architekturfestivals "Turn On" unter besonderer Berücksichtigung des geförderten Wohnbaus 2012

Das Festival wurde entsprechend des bisherigen Konzeptes weitergeführt, zugleich gab es auch dieses Jahr entscheidende Weiterentwicklungen. Das Programm am Freitag fand nun wie jenes am Samstag im Großen Sendesaal des ORF Radiokulturhauses statt, und zum Empfang am Freitagabend wurde in das Sofitel Vienna Stephansdom, entworfen von Arch. Jean Nouvel, geladen.

Die Vorträge von „Turn On Partner“ waren in diesem Jahr besonders zahlreich. Erstmals wurde dieser Tag und damit das Festival von Bundesministerin Claudia Schmied eröffnet; im Anschluss hielt Adolf Krischanitz den Eröffnungsvortrag.

Das Thema Wohnbau stand auch im zehnten Jahr des Bestehens am Beginn des Samstags. Der geförderte Wohnbau in Wien war dabei prominent platziert. Das Themenspektrum dieser sechs Vorträge war heuer besonders weit gespannt, um die mögliche Vielfalt des Wohnens in der heutigen Gesellschaft aufzuzeigen. Das Büro Brandlhuber+ war das aus dem nahen Ausland geladene Büro, das brisante Konzepte an der Schnittstelle von Wohnen und Arbeiten präsentierte. Die Vorträge zum Wohnen zeigten die Vielfalt, ja sogar Gegensätzlichkeit dieser Bauaufgabe auf, aber auch die unterschiedlichen Entwurfsansätze und –haltungen der österreichischen Architekturbüros. Hermann Czech und die Arbeitsgemeinschaft AllesWirdGut / feld72 stellten zwei geförderte Projekte vor, die die jeweilige spezifische, individuelle Entwurfsmethodik dokumentieren. Czech führte mit seinem Projekt eine über Jahrzehnte entwickelte Haltung weiter. Die jüngere Arbeitgemeinschaft legte einen Fokus ihres Entwurfes auf die städtebauliche Konzeption.

Insgesamt präsentierte „Turn On“ wieder herausragende, aktuelle Architektur primär in und aus Österreich. Das gesamte Programm am Samstag stellte sich folgendermaßen dar:

WOHNEN

  • Ablinger, Vedral & Partner, Haus am Hang I und II, Wien
  • Hermann Czech, Wohnen am Mühlgrund (Czech/Krischanitz/Neuwirth), Wien
  • AllesWirdGut / feld72, Wohnbau hERZberg, Wien
  • Brandlhuber+, Brunnenstraße / Hermine-Berthold-Straße, Deutschland
  • Lechner Lechner, Wohn- und Bürohaus Priesterhausgasse, Salzburg
  • DornerMatt, Haus der Generationen Götzis / Sozialzentrum Rankweil, Vorarlberg

"Turn On Talk" mit
Bernard Aebischer, Head Planning & Construction Novartis Campuses, Basel
Johann Padutsch, Stadtrat für Stadtplanung und Verkehr, Salzburg
Maria Vassilakou, Vizebürgermeisterin und Stadträtin für Stadtentwicklung und
Verkehr, Wien

VERKEHR, KULTUR, BILDUNG, FREIZEIT, LANDSCHAFT etc.

  • LP architektur, Haus Trattner-Scharfetter / Geistliches Zentrum Embach, Salzburg
  • Bernardo Bader, Islamischer Friedhof / Gasthof Krone, Vorarlberg
  • Daniel Fügenschuh, Hauptschule in Rattenberg, Tirol
  • HALLE 1, Mobiles Dach Felsenreitschule / Brückenbauten, Salzburg
  • Rainer Köberl, BTV und MPreis am Mitterweg, Innsbruck
  • Caramel Architekten, Science Park, Linz
  • Dominique Perrault, Vienna DC Towers, Wien
  • soma, Themenpavillon der EXPO 2012 in Yeosu, Südkorea
  • polar÷ Kindergärten Bad Gleichenberg und Sitzenberg-Reidling, Stmk/NÖ

Die Hervorhebung übergeordneter Themen der Architektur wurde in diesem Jahr weitergeführt, um dem Programm eine allgemeine Relevanz zu verleihen. Sowohl die Vorträge von Freitag als auch jene von Samstag erlangten dadurch eine allgemeine Bedeutung für den aktuellen Architekturdiskurs. Die Metathemen, die über die Vorträge am Samstag fokussiert wurden, waren breit gefächert und reichten von den typologischen und konzeptionellen Neuerungen des Wohnbaus bis zu konstruktiven und städtebaulichen Themen. Die thematischen Schwerpunkte der Vorträge am Freitag spannten einen weiten Bogen von der Bauherrschaft und Projektentwicklung über die Technologie des Details und spezifischen Aspekten des Leichtbaus bis zu unterschiedlichen thematischen Facetten der Tages- und Kunstlichtplanung.

Der Vortrag von Ablinger, Vedral & Partner eröffnete den Samstag. Von diesem Büro stammen zwei Entwürfe für Einfamilienhäuser, die im Abstand von einer Dekade entstanden. Ein zentrales Thema des Büros ist der Holzbau, dessen Weiterentwicklung mittels dieser Bauten reflektiert wird. Die Referenz an die Architekturtradition von Japan ist subtil integriert. Auch der geförderte Wohnbau von Hermann Czech wurde als Holzbau ausgeführt. Weitere Themenschwerpunkte sind bei diesem Beispiel die Flexibilität der Grundrisse, was die vertikale und horizontale Zusammenlegung betrifft, sowie die Integration unterschiedlicher Raumhöhen in der Tradition des Loosschen Raumplanes. Gleich im Anschluss folgte ein gefördertes Projekt der Arbeitsgemeinschaft AllesWirdGut und feld72, das die Gegensätzlichkeiten der architektonischen Ansätze direkt aufzeigte. Dieser Wohnbau präsentiert sich als skulpturale Architektur, zugleich ist die städtebauliche Konfiguration ungewöhnlich, dennoch überzeugend.

Es folgte der Themenkomplex Wohnen und Arbeiten. Anders ausgedrückt:Aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen hat die Kombination dieser Funktionen besondere Bedeutung erlangt, gleiches gilt in der Folge auch für nutzungsneutrale Konzepte. Arno Brandlhuber, der diesjährige Gast aus Deutschland, stellte in diesem Zusammenhang avancierte Bauten und Entwürfe vor. Auch das Büro Lechner Lechner aus Salzburg präsentierte einen Entwurf, bei dem die Funktionen Wohnen und Arbeiten kombiniert sind. In diesem Fall handelt es sich jedoch um ein individuelles Projekt, das die Funktionen vertikal kombiniert. Ein weiteres zentrales Thema dieses Entwurfes sind eine autarke Lebenspraxis sowie die Integration von Pflanzen und Wasserflächen.

Christian Matt vom Büro DornerMatt stellte eine weitere Dimension des Wohnens vor, die in der heutigen Gesellschaft besondere Aktualität erlangte: das Wohnen für alte und demente Menschen. Diese Bauaufgabe bildet einen Schwerpunkt des Vorarlberger Büros, das sich dabei im empathischen Sinn mit der Wahrnehmung alter Menschen auseinandersetzt. Die Vorträge nach der Talkrunde erweiterten das Themenspektrum nochmals.

Zunächst folgten zwei Architekten der jüngeren Generation, die sich einmal im Land Salzburg, dann in Vorarlberg auf intensive Weise mit der jeweiligen regionalen Kultur auseinandersetzen und diese neu interpretieren. Ein weiterer junger Architekt aus Innsbruck, Daniel Fügenschuh, implantierte auf überzeugende Weise einen abstrakten, durchaus radikalen Neubau in eine denkmalgeschützte Altstadt. Die Themenpalette inkludierte schließlich unter anderem moderne konstruktive Entwürfe und unterschiedlich interpretierte Stadterweiterungen.

Das Interesse des Publikums war an beiden Tagen äußerst groß; das Publikum honorierte somit die intensive kuratorische Vorbereitung des Programms. Mit der Eröffnung und dem Eröffnungsvortrag sowie demselben Vortragsort an beiden Tagen wurde ein entsprechender etablierter Rahmen für das Festival geschaffen.