Baugemeinschaften in Wien. Rechtsfragen, Leitfaden, GrundstücksvergabeForschungsprojekt Baugemeinschaften in Wien In der vorliegenden Studie wurden die Akzeptanz von Gemeinschaftseinrichtungen und die damit zusammenhängende Wohnzufriedenheit in drei Wiener Wohnhausanlagen des gemeinnützigen
Wohnbaus untersucht.
Baugemeinschaften sind kein Zufall Wohnformen wie Baugemeinschaften können nur dort erfolgreich umgesetzt werden, wo die vier Rahmenbedingungen Gruppe, Grundstück, Geld und Beratung vorhanden sind. Deshalb wurde im ersten Teil dieser Studie eine Reihe von empfohlenen Maßnahmen genannt:
Baugemeinschafts-Unterstützung Stufe 1: Bekenntnis zur Unterstützung von Baugemeinschaften; Grundstücksvergabe; Beratung, Vertretung in der Verwaltung; Öffentlichkeitsarbeit für Interessierte; Förderung der Vernetzung und Dokumentation; Kompetenzaufbau für BetreuerInnen; Weitere Forschung ; Unterstützung der Kooperation mit Bauträgern.
Baugemeinschafts-Unterstützung Stufe 2: Stadtentwicklung durch Baugemeinschaften; Anpassung der Förderbedingungen; Unterstützung des Aufbaus einer Dachgenossen-schaft; Förderung der MieterInnenselbstverwaltung und von MieterInnengemeinschaften.
Grundprobleme für Baugemeinschaften in Wien Anbotswohnungen: Die zentrale Hürde ist die Anbotsverpflichtung bei Inanspruchnahme von Wohnbaufördermitteln. Das betrifft ein "kulturelles" Problem, weil die Gruppen darauf angewiesen sind, dass sich alle Mitglieder mit den Gruppenzielen identifizieren; aber noch viel mehr ein Finanzierungsproblem: Weil der Wohnservice die Vergabe frühestens mit der Förderungszusicherung beginnt, muss bis dahin vorfinanziert werden. Wenn man selbstbestimmte Baugemeinschaften fördern will, dann sollte die Heimförderung als Förderungsmodus für Baugemeinschaften eingesetzt oder der Beschluss der Landesregierung zu Anbotswohnungen mittelfristig geändert werden, indem Regelungen für Baugemeinschaften aufgenommen werden.
Heimförderung: Etliche Baugemeinschaftsprojekte in Wien wählten das Heimförderungsmodell, weil es für solche Wohnformen eine Reihe von Vorteilen bietet, aber auch einige Nachteile. Eine Besonderheit: Das Abgehen von der Entgeltbemessung nach Nutzwert erlaubt einkommensheterogene Gruppen, indem Einkommensstärkere mehr bezahlen als Einkommensschwächere.
Weitere Problempunkte: Weitere Aspekte, die bei der Entwicklung eines Baugemeinschaftsprojektes problematisch sein können, sind Konflikte zwischen Gruppenidee und Mietrecht; die Vorsteuerabzugsberechtigung; die Grunderwerbssteuer; das Bauträgervertragsgesetz; sowie der "Mietkauf".
Leitfaden Baugemeinschaften Ablauf eines Baugemeinschaftsprojektes Grundsätzlich gliedert sich ein Baugemeinschaftsprojekt in fünf aufeinander folgende Phasen.
Dabei handelt es sich um die Startphase, Entwicklungsphase, Planungsphase, Bauphase
und Nutzungsphase. Im günstigsten Fall, also wenn erfahrene ArchitektInnen und BeraterInnen
beteiligt sind, das Grundstück schnell gefunden ist, mit den Behörden alles glatt geht
und es sich um ein kleineres Projekt handelt, dauert der gesamte Prozess vom ersten Treffen
bis zum Einzug drei Jahre. Häufig dauert der Prozess aber auch wesentlich länger.
Rechts- und Organisationsformen
Verein: Vereine sind eine weit verbreitete Rechtsform bei Baugemeinschaften in Wien, weil sie die in diesem Bereich faktisch nicht vorhandene Genossenschaft ersetzen. Vorteile des Vereins sind die einfache und kostengünstige Errichtung, der geringe laufende Aufwand und die einfache Rechnungslegung bei kleinen Vereinen. Ein Nachteil ist die nicht immer einfach zu erlangende Vorsteuerabzugsberechtigung.
Mietprojekt mit einem Bauträger: Wegen des wesentlich geringeren Risikos, des möglicherweise geringeren Eigenkapitalbedarfs und des geringeren Arbeitsaufwandes werden viele "Baugemeinschaftsprojekte" als Kooperationsprojekte mit einem gemeinnützigen oder gewerblichen Bauträger errichtet.
Gemeinnützigkeit: Im Wohnbaubereich ist die Unabhängigkeit der Rechtsform Genossenschaft von der Wohnungsgemeinnützigkeit weithin unbekannt, und da das Erlangen des Status einer gemeinnützigen Bauvereinigung nach WGG schwierig ist, man aber nicht weiß, dass das für eine Genossenschaftsgründung auch gar nicht nötig ist, werden keine Genossenschaften gegründet.
Genossenschaft: Die Genossenschaft wäre eigentlich die naheliegendste Form, eine Baugemeinschaft zu gründen, wie die Entwicklung des Wohnungs- und Siedlungsbaus zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeigte. Trotzdem wurde diese Rechtsform in Österreich im Wohnbaubereich in den letzten Jahrzehnten nicht eingesetzt. Gründung und Betrieb einer Genossenschaft sind generell etwas aufwändiger als bei einem Verein. Die üblichen Formen von Wohngenossenschaften sind die Kleingenossenschaft, die Dachgenossenschaft und die MieterInnengenossenschaft.
Wohnungseigentümergemeinschaft: Eine in Deutschland weit verbreitete Form von Baugemeinschaften, die auch in Wien in den vergangenen Jahrzehnten häufig genützt wurde, ist die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Privat- versus Gemeinschaftsinteresse: Fast jede Baugemeinschaft versucht, Privatinteressen den Interessen der Gemeinschaft unterzuordnen - das bedeutet vor allem, die Privatisierung des Bau-gemeinschaftsprojektes zu verhindern oder einzuschränken. Zwei in Deutschland erprobte Modelle dafür sind das Mietshäusersyndikat und die Stiftung trias.
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH): Eine GmbH ist juristische Person und Unternehmerin kraft Rechtsform. Ihre zentrale Eigenschaft ist die Haftungsbeschränkung. Im Unterschied zur Genossenschaft, wo diese Aspekte gesetzlich geregelt sind, müssen bei der GmbH demokratische Mitwirkungsrechte und Regelungen zur Verfügung über Geschäftsanteile erst festgelegt werden.
Weitere Formen: Andere mögliche Formen sind die in Deutschland weit verbreitete Gesellschaft bürgerlichen Rechtes; die offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft und stille Gesellschaft; Stiftung, Fonds und Aktiengesellschaft; sowie die Miteigentumsgemein-schaft.
Baurecht: Das Baurecht ist ein eigentumsähnliches Recht, geregelt im Baurechtsgesetz von 1912. Es sollte damals vornehmlich der kommunalen Wohnbaupolitik dienen. Baurecht ist "das veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Bodenfläche eines fremden Grundstücks ein Bauwerk zu haben".
Konzept für die Grundstücksvergabe Anhand der Vergabeverfahren und Kriterienlisten einiger deutscher Städte wurde ein Vorschlag für ein ebensolches Verfahren in Wien erarbeitet. Das Verfahren sollte möglichst einfach und transparent gestaltet sein. Von einer konkreten architektonischen Planung für das ausgeschriebene Grundstück sollte jedenfalls abgesehen werden. Die BewerberInnen müssen vor der Teilnahme die Kriterien der Bewertung und deren Gewichtung sowie die Zusammensetzung der Jury kennen. Im Wiener Bewerbungsverfahren schlagen wir ein dreistufiges Verfahren vor: 1. Interessens-bekundung; 2. Bewerbungsverfahren; 3. Optionsphase und Kauf.
Interessensbekundung: Die Interessensbekundung sollte als formlose Bewerbung abgewickelt werden: Wenn sich eine (Kern-)Gruppe formiert hat und plant, an einer Grundstücksvergabe teilzunehmen, ob nun an einem bestimmten Ort oder an mehreren verschiedenen, dann lässt sie sich beim Auslober registrieren.
Bewerbungsverfahren: In der zweiten Stufe, dem Bewerbungsverfahren, sind einerseits Mindestanforderungen zu erfüllen und andererseits werden die Konzepte von einer Jury anhand eines Kataloges von Bewertungskriterien mit unterschiedlicher Gewichtung bewertet. Die Min-destanforderungen sind eine Mindestanzahl der Gruppenmitglieder (zwei Drittel der Wohnungen); Nachweis über vorhandene Mindesteigenmittel; Nachweis über qualifizierte fachliche Betreuung. Das Baugemeinschaftskonzept sollte etwa drei bis fünf Seiten umfassen und muss Angaben über folgende drei Wertungskriterien enthalten: bauliches und gemeinschaftliches Projektkonzept; Realisierbarkeit des Projektes; Standortfaktoren des Projektes.
Optionsphase: In dieser Phase entwickelt die Gewinnergruppe das Projekt und absolviert die erforderlichen rechtlichen und finanziellen Schritte zur Realisierung des Projektes. Dann wird die Gruppe zu Kaufverhandlungen für das zu vergebende Grundstück eingeladen. Während der Optionslaufzeit und der Kaufverhandlungen sollte der Ausstieg der Gruppe ohne gravierende Nachteile für diese möglich sein.
Baugemeinschaftsmodelle in Deutschland
- Hamburg
- Berlin
- München
- Tübingen
- Freiburg
Genaue Darstellung der Städte siehe bitte Abstact als Download.