Enquete Frauen.Wohnen.Wien.
Donnerstag, 24. Oktober 2019 | 10:00 – 14:00 Uhr
Urania | Dachsaal | Uraniastraße 1, 1010 Wien


Die Enquete „Frauen.Wohnen.Wien“, welche von der Wiener Wohnbauforschung in der Urania Wien am 24. 10. 2019 veranstaltet wurde, nahm die erstmalige Verschränkung der Ressortagenden Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen zum Anlass, Studienergebnisse zu verschiedenen Ansätzen, Erfahrungen und Anknüpfungspunkten zu den Aspekten frauengerechter Planung im sozialen Wohnbau Wiens vorzustellen.

Dazu wurden bei der Enquete sechs Studien präsentiert, die sowohl die aktuelle Wohnsituation von Frauen in Wien als auch Erkenntnisse zu bereits bestehenden frauengerecht geplanten Wohnhausanlagen und Ausblicke auf neue Projektansätze vorstellen.

Eröffnet wurde die Enquete mit einem Kurzfilm, der anhand von Interviews mit Expertinnen, einen Bogen frauengerechter Planungsansätze vom Gemeindebau des „Roten Wiens“ bis heute spannt.

In zwei Podiumsgesprächen mit Initiatorinnen, Bewohnerinnen, Planerinnen von Frauenwohnprojekten und Expertinnen der Stadtverwaltung wurde über Aspekte künftiger Planungen und Weichenstellungen bei der Gestaltung des sozialen Wohnbaus entlang der vorgestellten Studien diskutiert.

Eine Begleitausstellung zeigte prämierte Beiträge aus Bauträgerwettbewerben  zum Thema „Frauen & Wohnen“.


Zur Wohnsituation von Frauen in Wien

Frauen sind ob ihres noch immer geringeren Einkommens (Gender-Pay-Gap) besonders auf leistbares Wohnen angewiesen. Diese Funktion verstärkt sich durch gesellschaftliche und demografische Veränderungen wie die höhere Anzahl von Single- und Alleinerziehendenhaushalte. Darüber hinaus weisen Frauen aufgrund ihrer sozialen Rollenzuweisungen unterschiedliche Bedürfnisse im Wohn- und Wohnumfeldbereich auf, da Unterstützungsfunktionen für Haus- und Familienarbeit nach wie vor überwiegend für Frauen eine große Rolle spielen.

Rund 774.000 Frauen (älter als 19 Jahre) haben ihren Hauptwohnsitz in Wien. Davon sind rund 582.000 (75 %) in Mietwohnungen gemeldet. Rund 210.000 (27 %) von ihnen leben als einzige Erwachsene in ihrem Haushalt.

Davon leben in Wien 43.000 Frauen als Alleinerziehende mit einem Kind oder mehreren Kindern in einem Haushalt. Das verfügbare monatliche Nettoeinkommen beträgt in Haushalten mit Frauen als einzige Erwachsene rund 1.680,- Euro.

Die Hälfte der alleinerziehenden Frauen muss mit einer Belastungsquote (Anteil des Wohnaufwandes an dem Nettohaushaltseinkommen) von mehr als 27% rechnen; das am stärksten belastete Viertel der Frauenhaushalte ist mit mehr als 38% Belastungsquote konfrontiert.

Rund zwei von drei (63%) dieses Kreises von Frauen sind im kommunalen oder geförderten Wohnangebot versorgt, unter den Frauen im Alter von 60+ Jahren und den Alleinerziehenden sind es sogar rund 72%.

Das kommunale Wohnangebot ist für alleinerziehende Frauen (Mietwohnung / »einzige« Erwachsene), denen weniger als 1.850,- Euro Nettoeinkommen zur Verfügung stehen, besonders wichtig. 60% aller Alleinerziehenden wohnen in einer Gemeinde- oder geförderten Wohnung. Bei der Gruppe von Frauen »60+« beträgt dieser Anteil sogar 65%.

 

Der soziale Wohnbau als Träger von Fraueninteressen

Frauenpolitische Errungenschaften sind seit Bestehend des kommunalen Wohnbaus in Wien eng mit der Weiterentwicklung des sozialen Wohnbaus in Wien verknüpft. Bereits der kommunale Wohnbau des „Roten Wien“ dokumentiert mit seinen vielfältigen Wohnfolgeeinrichtungen das Ziel Frauen von der Haushalts- und Familienarbeit zu entlasten. Frauengerechte Planung im geförderten Wohnungsbau – wie etwa die Frauenwerkstatt 1 in der Donaufelderstraße gelten als europaweit größte soziale Wohnhausanlage, die sich dem Leitbild frauen- und alltagsgerechter Planung verschrieben haben.

Die Bewohnerinnen dieser und weiterer Wohnprojekte, die unter besonderen Aspekten der frauengerechten Planung errichtet wurden, wurden in einer Studie des Instituts UrbanPlus gemeinsam mit SORA befragt. Die Ergebnisse wurden bei der Enquete von Christine Droste vorgestellt.

Eine weitere Studie widmet sich den besonderen Bedarfen von Alleinerziehenden. Hier untersuchte der Verein JUNO gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut Gallup die Wohnsituation von Alleinerziehenden in Wien und das Interesse an neuen Wohnformen, wie ein sich gegenseitig unterstützenden gemeinschaftliches Wohnen.

Die Architektin Gabu Heindl, stellte bei Ihrem Vortrag „Aufbrechen. Ankommen – Wohnungsangebote für Frauen an Lebensschnittstellen“ den Prototypen eines förderbaren Wohnhauses vor, welches Angebote für Frauen an Biografiebrüchen wie etwa Trennung, Wohnortswechsel, Verlust des/r Partner/in anbieten soll. Ihre Überlegungen basieren auf Workshops und Interviews mit Wiener Unterstützungsorganisationen und betroffenen Frauen.

Sabina Riß/IIBW betrachtet die Frage der Bedeutungsebene von Frauen anhand ihrer Präsenz in der Wohnungswirtschaft, die einen bedeutenden Anteil der Wiener Wirtschaftstätigkeit ausmacht und somit eine wichtige Arbeitgeberin ist. Welche Rolle die Wohnungswirtschaft zur Inklusion von Frauen in die Erwerbswirtschaft spielt, ist die zentrale Fragestellung dieser Studie.

Die Aspekte frauenspezifischer Merkmale in der Quartiersebene des Grün- und Freiraums machte Karin Standler als Landschaftsarchitektin zu Ihrem Vortragsinhalt. Sie begibt sich damit auf eine Zeitreise durch die Freiräume der letzten 100 Jahre und ihre Bedeutung für den geförderten Wohnbau und für ihre BewohnerInnen, unterschiedliche Lebensphasen und -situationen. Denn die stärkste NutzerInnengruppe im Freiraum sind Kinder, Jugendliche und Frauen.