Evaluation der Gebietsbetreuung für den Bereich städtische Wohnhausanlagen

Ziel der Evaluierungsstudie war es, die GB Städtische Wohnhausanlagen/GBwohn zu untersuchen, um Probleme, die sich möglicherweise aus der mit Jahresbeginn 2007 erfolgten Umstrukturierung ergeben (haben), rechtzeitig zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken.

Die Untersuchung basiert auf 25 leitfadenorientierten Interviews, die zwischen Juni und September 2008 in allen neun Einrichtungen mit Auftragnehmern für die GBwohn und deren MitarbeiterInnen sowie mit einzelnen VertreterInnen der Stadt Wien als Auftraggeber durchgeführt wurden. Thematisiert wurden die Strukturen und Aufgaben der GBwohn, in den Einrichtungen weiters Erfahrungen mit den Auftraggebern und verschiedenen Kooperationspartnern, Einschätzungen zu den einzelnen Tätigkeitsbereichen sowie die Arbeitssituation der MitarbeiterInnen in den GBwohn.

Die wesentlichen Veränderungen seit Jahresbeginn 2007 sind die Entflechtung der klassischen Gebietsbetreuung, jetzt GBstern, und der GBwohn, verbunden mit einer deutlichen Mittelaufstockung für die GBwohn, einer Reduktion und Anpassung der Betreuungsgebiete der Gebietsbetreuung an die Verwaltungsgebiete von Wiener Wohnen, und verschiedenen neuen Vorgaben auf der inhaltlichen und der organisatorischen Ebene. Die zu den Veränderungen befragten GesprächspartnerInnen (ausschließlich Personen, die Erfahrungen mit der GBneu hatten) bewerteten trotz einzelner Kritikpunkte die Umstrukturierung als Erfolg – eine größere Eigenständigkeit der GBwohn gehe Hand in Hand mit ihrer höheren Wertschätzung.

Wie schon zum Zeitpunkt der Evaluierung der GBneu dominieren bei den VertreterInnen der Träger die Berufsfelder Architektur, Ziviltechnik sowie Raum- und Landschaftsplanung, die Team-MitarbeiterInnen dagegen haben mehrheitlich eine sozialwissenschaftliche oder sozialarbeiterische Ausbildung (und oft auch schon Berufserfahrung in diesen Feldern). Auffallend ist, dass anders als 2004 die dadurch bedingten unterschiedlichen Arbeitszugänge kaum problematisiert wurden.

Obwohl den GBwohn deutlich mehr Geld als ihren Vorgängereinrichtungen zur Verfügung steht und die Teams vergrößert wurden, kritisierten MitarbeiterInnen in einigen Einrichtungen eine aus ihrer Sicht bestehende personelle Unterbesetzung. Teilweise wurde auch Unmut darüber geäußert, dass man sich eine Vollzeitanstellung wünsche, aber nur teilzeitbeschäftigt sei – rund 80 Prozent der MitarbeiterInnen sind auf Teilzeitbasis (zwischen weniger als zwanzig bis zu 35 Stunden) angestellt. Die Dienstgeber standen dem hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigten ambivalent gegenüber. Auf der einen Seite müssten für Teamsitzungen u.ä. umso mehr Stunden aufgewendet werden, je höher der Anteil an (Teilzeit-)MitarbeiterInnen sei, und damit stünden weniger Ressourcen für andere Tätigkeiten zur Verfügung. Andererseits ermögliche die Aufteilung der Stunden auf mehr Teilzeitkräfte eine flexiblere Arbeitsorganisation und dadurch könnten mehr Kompetenzen und Qualifikationen abgedeckt werden. Auf Seiten der Träger wurde mehrfach vor dem Hintergrund solcher Überlegungen für Dienstverträge über rund 30 Wochenstunden plädiert.

Die Forderung nach Fremdsprachenkenntnissen im Team wurde in der Ausschreibung hoch bewertet, was dazu führt, dass in allen GBwohn Fremdsprachen gesprochen werden – allerdings gibt es Einrichtungen ohne türkisch- und/oder ex-jugoslawische Sprachen sprechende MitarbeiterInnen, obwohl laut den Interviews ausschließlich diese Sprachen benötigt werden. Wichtiger als die Sprach- sei die interkulturelle Kompetenz: Migrierte KlientInnen würden tendenziell leichter zu dieselbe Muttersprache sprechenden BetreuerInnen eine Vertrauensbeziehung entwickeln, noch hilfreicher sei ein Migrationshintergrund der BeraterInnen.

Die wichtigsten Aufgaben der GBwohn sind allgemeine Beratung, fallbezogene Konfliktvermittlung und Prävention, sowie Vernetzungs- und PR-Tätigkeiten und schließlich als einrichtungsinterne Leistungen Administrationsaufgaben und Qualitätssicherung. Wie schon 2004 urteilten sowohl VertreterInnen der Träger als auch der Teams, die fallbezogene Arbeit nehme zuviel Raum ein, und dies auf Kosten der Prävention – und nur die Konfliktprävention führe zu nachhaltigen Veränderungen. Immer wieder wurde den von der Stadt Wien vorgeschriebenen, extensiven Öffnungszeiten der GB-Lokale vorgeworfen, zu viele Personalressourcen zu binden, die sonst für präventive Arbeit freigespielt werden könnten. 60 Personenstunden sind wöchentlich durch den Journaldienst gebunden – und dies, obwohl es in den meisten Einrichtungen wenig „Laufkundschaft“ gebe. Die langen Öffnungszeiten werden als Strategie von Seiten des Auftraggebers interpretiert, der vor allem wolle, dass Anrufe entgegengenommen und Konflikte behandelt würden. Die Präferenzen vieler Befragten sind deutlich anders gelagert und daraus entstehen Unzufriedenheiten.

Die Offenheit des Arbeitsauftrags an die GBwohn wird nicht nur begrüßt (wegen des dadurch möglichen Gestaltungsspielraums), sondern von rund der Hälfte der Befragten auch kritisiert: Das Arbeitsprogramm sei zu breit und daher gar nicht zu bewältigen, Gebietsbetreuungen hätten insbesondere eine Befriedungsfunktion. Zusätzlich schwierig sei die Erfüllung des Arbeitsauftrags, weil die GBwohn de facto viele verschiedene Auftraggeber mit unterschiedlichen, teilweise kollidierenden Wünschen habe.

Als offizielle Auftraggeber werden nicht nur die MA 25, sondern auch – anders als noch 2004 – das Büro des Wohnbaustadtrats wahrgenommen und die jeweilige Zusammenarbeit positiv bewertet. Trotzdem erfolgte Kritik auf unterschiedlichen Ebenen: zum Beispiel wegen Kommunikationsproblemen, konkret: verspäteter Informationsweitergaben und fehlendem Feedback, teilweise wegen der Anforderungen bei den Sachkostenabrechnungen und dem Berichtswesen, fast durchgängig wegen der zu kurz bemessenen Vertragslaufzeit. Ebenfalls anders als 2004 wurde die Ansiedlung der GBwohn bei der MA 25 kaum problematisiert, sodass auch keine alternativen Vorschläge erfolgten.

Häufig kritisiert wurde, dass es keine vom Auftraggeber vermittelten Qualitätskriterien für die Arbeit der GBwohn gebe. Da man nicht weiß, wann die eigenen Arbeit als erfolgreich angesehen wird, bestehen viele Fantasien darüber. Die Qualitätssicherungsmaßnahmen in den Einrichtungen sind breit, am wichtigsten sind offenkundig das Weiterbildungsangebot und die regelmäßigen Supervisionen.

Kooperationspartner der GBwohn sind in erster Linie Wiener Wohnen, weiters die Bezirkspolitik sowie vielfältige öffentliche und private Einrichtungen. Insbesondere zu Wiener Wohnen haben sich die Arbeitsbeziehungen im Vergleich zu 2004 deutlich verbessert, obwohl einzelne schon damals angesprochene Probleme weiterhin bestehen (ablehnende Haltung von Wiener Wohnen gegenüber einem Wohnungstausch, zu kurzfristige Information über Delogierungen). Die Tatsache, dass sich laut Jahresbericht 2007 45 Prozent aller allgemeinen Beratungen der GBwohn auf Wiener Wohnen beziehen, verweist allerdings nach wie vor auf Schwächen in der Informationspolitik dieser Einrichtung. BezirkspolitikerInnen werden in den GBwohn als wichtige PartnerInnen gesehen, allerdings sei deren Engagement sehr unterschiedlich und es bestehe immer die Gefahr der Vereinnahmung. Untereinander kooperieren die GBwohn kaum, die Vernetzung beschränkt sich weitgehend auf die (als wichtig empfundenen) Jours fixes; das Hauptargument dafür ist die fehlende Zeit. Eine Zusammenarbeit mit der Gebietsbetreuung Stadterneuerung erfolgt fast ausschließlich dann, wenn beide Einrichtungen in einem Auftragsgebiet denselben Träger haben – und in diesen Fällen werden die Synergieeffekte hoch bewertet.

Detailliert nachgefragt wurde schließlich zu den zentralen Tätigkeitsbereichen. Die Konfliktvermittlung betreffend sei oft schwierig festzustellen, ob der Auslöser eines Konflikts eine tatsächliche Lärmbelästigung (der häufigste Anlass für Beschwerden) sei, oder ob damit latenter Rassismus bemäntelt werde. Die GB könne immer nur den Lärm behandeln, auch wenn dieser nur ein Vorwand sei. Im Übrigen seien auch MitarbeiterInnen der Gebietsbetreuungen gelegentlich mit Rassismus konfrontiert. Obwohl in der Ausschreibung dezidiert Mediation als Kompetenz angesprochen ist und in der Mehrheit der GBwohn MediatorInnen angestellt sind, finde klassische Mediation nur ganz selten statt – mehrheitlich wurde angegeben, lediglich
mediative Techniken zu verwenden.

Wie bereits erwähnt, kommt der Gemeinwesenarbeit aus Sicht vieler Befragter vor allem wegen Personalmangels ein zu geringer Stellenwert zu. Das sei nicht zuletzt deshalb ein Fehler, weil nur dieses Tätigkeitsfeld präventive und nachhaltige Wirkungen entfalte. Allerdings werden von den meisten Einrichtungen viele Projekt und Veranstaltungen durchgeführt, die als Gemeinwesenarbeit zu klassifizieren sind.

Ein neuer Schwerpunkt, der seit 2007 forciert wird, ist die Arbeit mit den Mieterbeiräten. Die Kooperation mit ihnen bringe im Regelfall Vorteile für die Arbeit der GBwohn, weil die Beiräte etwa als Informationsvermittler, Beschwerdestelle für die MieterInnen und MultiplikatorInnen in verschiedene Richtungen fungierten.

Was schließlich die Arbeitssituation der in den GBwohn Beschäftigten angeht, konnte festgestellt werden, dass die Arbeitszufriedenheit insgesamt sehr hoch ist, obwohl teilweise Überlastungen beklagt wurden. Ein öfters an die Dienstgeber gerichteter Wunsch war der nach mehr inhaltlichem Engagement und fachliche Unterstützung. Kritisiert wurden auch häufig die als zu niedrig empfundene Bezahlung und das Fehlen von monetären Anerkennungen.
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