Der Mietkauf als Instrument der Wiener Wohnungspolitik

Mit dem 3. Wohnrechtsänderungsgesetz (3. WÄG) wurden mit Wirksamkeit 1.1.1994 im Rechtsbestand des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) explizite Rege-lungen zu den in verschiedenen Ausprägungen schon davor auf Grund mündlicher oder schriftlicher Vereinbarungen existierenden Mietkauf- oder besser Kaufoptions-modellen eingeführt. Die im geförderten Mietwohnungsneubau seit diesem Zeitpunkt unter bestimmten Voraussetzungen - vor allem Zahlung eines Finanzierungs-beitrages in einer die gesetzlichen Schwellenwerte übersteigenden Höhe - entstandenen gesetzlichen Ansprüche auf Wohnungserwerb und Begründung von Wohnungseigentum, sind seitdem nach einer jeweils mindestens 10 Jahre dauernden Mietnutzung, somit grundsätzlich seit 2005, realisierbar.

Die nachträgliche Begründung von Wohnungseigentum durch Normierung gesetzlicher Kaufansprüche von Mietern war bereits einige Jahre vor Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Zuge des 3. WÄG Gegenstand wohnungspolitischer Diskussionen und verschiedener Regierungsübereinkommen. Der Intention einer deutlichen Forcierung des Wohnungseigentums im öster-reichischen Wohnbau nach Ablauf einer Mindestnutzungsdauer und dadurch Schaffung einer Ansparzeit bzw. teilweisen Beseitigung finanzieller Eintrittsschwellen in (ursprüngliche) Eigentumswohnformen standen diverse Bedenken gegenüber, vor allem hinsichtlich eines dadurch ausgelösten "Ausverkaufs von Sozialkapital" (bzw. sozial gebundenen ökonomischen Kapitals) sowie generell einer nachhaltigen Gefährdung des sozialen Wohnungswesens in Österreich. Die befürchtete Schmälerung der Finanzierungskraft der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft und damit sozialer Wohnbauaktivitäten in Zeiten einer deut-lichen Wohnungsknappheit zu Beginn der Neunziger Jahre in Verbindung mit den Regelungen der §§13 und 14 WGG verhinderte nachträgliche Wohnungsüber-eignungen, welche auch bis 1994 (auf Basis einer vertraglicher Einigung) grundsätz-lich möglich gewesen wären. Im Zuge der Diskussionen zum 3. WÄG wurde ein Kompromiss erzielt, indem einzelne vertretene Standpunkte und Argumente im Kaufoptionsmodell ihren Ausdruck fanden. In den Materialien zur Wohnrechtsnovelle wurden die neu geschaffenen §§ 15b (grundsätzlicher Rechtsanspruch des Mieters bei Neubauten) und 15c (sonstige nachträgliche Eigentumsübertragungen) mit der "Stärkung der Selbstfinanzierungs-kraft der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft" begründet. Vor allem die Einführung der Verkehrswertermittlung als Preisbildungsvorschrift in Abweichung von §13 WGG stellte hier eine bedeutende Neuerung dar. Als weitere essentielle Eckpunkte des Modells wurde die Einschränkung des gesetzlichen Erwerbsanspruchs auf ab 1.1.1994 zugesicherte Neubauobjekte, eine Mindestnutzungsdauer von 10 Jahren und die überwiegende Überwälzung des auf die Wohnung entfallenden Grundkostenbeitrags (mehr als 50%) innerhalb von 3 Jahren ab erstmaligem Bezug der Wohnanlage vorgesehen. Mit der Fristsetzung von 10 Jahren Miet- oder Nut-zungsdauer wurden im Wesentlichen zwei Ziele verfolgt: einerseits die Einräumung einer Ansparzeit für die künftige Leistbarkeit des Kaufpreises bei gleichzeitiger Schaffung hoher Rechtssicherheit auf Freiheit der (nachträglichen) Wohnformenwahl der selbstgenutzten Wohnung, andererseits die Erhöhung der wirtschaftlichen Attraktivität durch eine steuerliche Begünstigung im Wege des Entfalls der Umsatzsteuer im Zuge des Wohnungserwerbs.

Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden Auf Basis von statistischen Grundlagen bzw. Erkenntnissen sowie Experteninterviews rechtsdogmatische, wohnungspolitische, ökonomische und soziologische Aspekte zur bisherigen Funktionsweise des Mietkaufs in Wien untersucht. Im Wesentlichen wurden neben vor allem wohnungspolitischen Grundüberlegungen zum Konzept des Mietkaufs folgende Fragestellungen untersucht:

Darstellung rechtlicher Grundlagen und Aspekte

Ausgearbeitet wurde eine Übersicht über die Entwicklung der relevanten recht-lichen Grundlagen. Die deskriptive und vergleichende Darstellung bezieht sich auf die Entwicklung bzw. den Bestand zwingender Normen des WGG, des Wiener Förderungsgesetzes sowie der relevanten Durchführungsverordnungen:

a) Darstellung von Entwicklung und Bestand relevanter Regelungen im Bereich des WGG;
b) Darstellung förderungsrechtlicher Besonderheiten, vor allem
  • Unterschiede bei der Finanzierung, alternative Förderungsmodelle;
  • förderungsrechtliche Besonderheiten aus Anlass der Geltendmachung der Kaufoption.


Darstellung und Analyse statistischer Grundlagen und Aspekte

Erhoben und ausgewertet wurden die zur Verfügung stehenden statistischen Daten (u.a. Statistik Austria, GBV, Förderungsabteilung, Bauvereinigungen) über Anteile von Miet- und Eigentumssegmenten, Anteile von Mietkaufwohnungen seit 1994 und Anteile realisierter Kaufoptionen im Wohnungsbestand auf Bezirksebene.

Analyse der Förderungsfinanzierung

Es wurden verschiedene seit 1994 geschaffene Fördermodelle der Mietwohnungs-förderung durchgerechnet und dabei von einer Mietwohnung mit durchschnittlichen Kennzahlen, va hinsichtlich Größe und anteiligen Gesamtbaukosten ausgegangen. Herangezogen wurden die Finanzierungsmodelle und Kapitalmarktbedingungen gemäß den jeweiligen Förderungsbestimmungen in Wien. Im Ergebnis wurden vor allem jene für die Ausübung der Mietkaufoption maßgeblichen Einflussfaktoren (Schuldenverläufe) berechnet, dargestellt, verglichen und evaluiert.

Rechtsdogmatische und rechtssoziologische Bewertung der vertrags- und zivilrechtlichen Regelungen

Zur ergänzenden Ermittlung von als problematisch erkannten Eigenschaften des Mietkaufinstruments wurden betroffene Akteure auf Seiten der Wohnungswirtschaft (primär GBV) und auf Konsumentenseite hinsichtlich ihrer Einschätzung und Bewertung der Modelle bzw. in Hinblick auf Fragestellungen und allfällige Hemmnisse in der Praxis (z.B. Kaufpreisbildung, Verständlichkeit, Bewohner-akzeptanz) befragt und die Ergebnisse zusammenfassend dargestellt.
Fakten
  • Projektträger
    FGW, Forschungsgesellschaft für Wohnen, Bauen und Planen
  • Projektleitung/Bearbeiter
    Andreas Oberhuber
    Kerstin Götzl
  • Laufzeit
    April bis Dezember 2008
  • Kontakt
    andreas.oberhuber[at]fgw.at
  • Downloads
  • Abstract 73.66 KB
    Projektbericht 1.79 MB