Die Wohnungsnachfrage in Wien 2009

Die Studie und ihr Ziel

SORA hat im Auftrag der Magistratsabteilung 50 - Wohnbauforschung die Wohnungs-nachfrage in Wien untersucht. Im Juli 2009 wurden telefonisch 2.007 Personen ab 18 Jahren befragt. Die Stichprobe ist repräsentativ für die Grundgesamtheit der Wiener Bevölkerung ab 18 Jahren.

Von den 2.007 Befragten waren 1.200 jüngere Personen bis 35 Jahre. Die disproportionale Struktur der Stichprobe erlaubt genauere Analysen der jüngeren Menschen, die sich besonders häufig auf Wohnungssuche befinden. Für Aussagen über alle WienerInnen wurde die Disproportionalität statistisch ausgeglichen und so Repräsentativität hergestellt. Ziel der Studie ist es, einen umfassenden Überblick über die Wohnungsnachfrage und die Qualitätsansprüche der in Wien lebenden Wohnungssuchenden zu gewinnen.

Anzahl der Wohnungssuchenden

Jede bzw. jeder fünfte Befragte (20%) plant für sich oder jemanden im Haushalt einen Wohnungswechsel. Eine vergleichbare Ziffer aus dem Jahr 2002 (Czasny, Karl et al.: Neueste Trends bei Wohnungsnachfrage - Interviews mit Wohnungsnach-fragern in Wien; Stadt- und Regionalforschung GmbH - Wien, Juni 2002, Seite 33) legt nahe, dass es in den letzten sieben Jahren zu einem Anstieg von 4 Prozentpunkten gekommen ist. Die Hälfte derer, die einen solchen Plan gefasst haben, ist aktiv auf der Suche nach einer neuen Wohnung (11%).

Die Wahrscheinlichkeit für einen Wohnungswechsel ist dabei alles andere als gleich verteilt. Einige Gruppen können dabei als besonders aktiv am Wohnungsmarkt betrachtet werden. Zu ihnen gehören junge Menschen im Alter von 18-29 Jahren im allgemeinen (33% planen einen Wohnungswechsel) und besonders jene, die noch im elterlichen Haushalt wohnen (47%). Dasselbe kann auch für Personen in kinderreichen Haushalten (33%), arbeitslose Personen (36%), AlleinerzieherInnen (36%) und Personen in Karenz (37%) festgehalten werden.

Betrachtet nach der Herkunft der Befragten lässt sich festhalten, dass vor allem Befragte aus dem Ausland (28%) oder aus den Bundesländern (23%) aktiver auf dem Wohnungsmarkt sind als jene, die in Wien geboren wurden (16%). Des Weiteren befinden sich jeweils 24% der Befragten, die in privaten Mietwohnungen oder Gemeindebauten, genauso wie 25%, jener die in Wohnbauten mit mehr als 30 Wohnungen leben, auf Wohnungssuche.

Bei einer demographischen Betrachtung der aktiv Wohnungssuchenden lässt sich festhalten, dass 57% dieser Gruppe Frauen sind. Ein Drittel ist jünger als 29 und 72% sind weniger als 45 Jahre alt. Der Hälfte der Personen dieser Gruppe steht dabei weniger als 44m² Wohnfläche zur Verfügung.

Motive der Wohnungssuchenden

Hauptausschlaggebend für die Suche nach einer neuen Wohnung ist dabei Unzufriedenheit mit der Größe oder Zimmeranzahl der aktuellen Wohnung. Zwei Drittel der aktiv Wohnungssuchenden würden gerne in einer größeren Wohnung leben, etwa ein Fünftel (22%) in einer Kleineren und lediglich 16% dieser Gruppe suchen nach einer Wohnung mit vergleichbarer Größe. Wenn Menschen nach einer kleineren Wohnung suchen geschieht dies nicht primär aus finanziellen Gründen. Wichtigster Faktor sind dabei familiäre Gründe, wie etwa Kinder die das Elternhaus verlassen, aber auch eingegangene oder beendete Beziehungen.

Generell kann man von einem Trend hin zu mehr Komfort und Wohnraum sprechen: im Durschnitt wünschen sich die Befragten um 13m² größere Wohnungen - die durch-schnittliche Größe der Wiener Wohnungen würde so auf 95m² ansteigen. Bei den aktiv Wohnungssuchenden besonders beliebt sind Wohnungen zwischen 60m² und 100m² - mehr als die Hälfte (51%) sucht eine solche Wohnung, 22% wünschen sich eine Wohnung größer als 100m² und 26% eine mit weniger als 60m² (vor allem Studierende und PensionistInnen).

Zwei Drittel der Wohnungssuchenden, die nach einer Gemeindebauwohnung suchen, leben bereits jetzt in einer solchen. 46% dieser Gruppe möchten dadurch ihre Wohn-situation verbessern, 37% suchen nach einer größeren Wohnung. 13% derer die eine Wohnung im Gemeindebau suchen, tun dies aus finanziellen Gründen. Auch gesamt befinden sich 13% der Wohnungssuchenden aus finanziellen Gründen auf Wohnungssuche. Verglichen mit dem Jahre 2002 (Czasny, Karl et al.: Neueste Trends bei Wohnungsnachfrage - Interviews mit Wohnungsnachfragern in Wien; Stadt- und Regionalforschung GmbH - Wien, Juni 2002, Seite 41) kommt dies einem Anstieg um 5 Prozentpunkte gleich. Das ist jedoch eher als ein Abstiegsphänomen der Mittelschicht zu betrachten, als ein spezifisches Problem einkommensschwacher Haushalte. Besonders häufig führen diesen Grund jedoch Singles an (20%) - vor allem auch AlleinerzieherInnen zeigen sich davon betroffen (23%).

Wünsche der Wohnungssuchenden

Bezogen auf die Wunsch-Wohnung selbst, können Tageslicht, Ruhe, ein Balkon oder eine Terrasse sowie ein Kabel- und Internetanschluss als essentiell betrachtet werden, wohin-gegen hohe Räume als eher verzichtbar gelten.

Als wichtigste Eigenschaften der Wohnanlage gelten dagegen das gepflegte Erscheinungsbild dieser, umgängliche Nachbarn, ein privates Kellerabteil sowie eine Gegensprechanlage. Die Wohnumgebung sollte sich durch Sauberkeit und Sicherheit auszeichnen und über eine gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr verfügen. Alles in Allem sind die Menschen eher bereit Kompromisse im Bereich der Wohnanlage, als bei der Wohnung und Wohnumgebung zu akzeptieren.

Dies spiegelt sich auch bei der Lage der Wohnung und ihrer Nähe zum öffentlichen Verkehr wieder: 82% aller aktiv Wohnungssuchenden beschreiben eine zentrale Lage mit U-Bahn-Anbindung als wünschenswert. Ein großer Anteil dieser Gruppe (72%) kann sich auch für Außenbezirke mit Grünräumen und einer nahegelegenen Straßenbahnhaltestelle begeistern. Nichts desto trotz gibt es auch eine, wenn auch deutlich niedrigere, Nachfrage nach Wohnungen an den Stadträndern oder im nahegelegenen Umland.

Spezifische Interessen sozialer Gruppen bei Wohnbau

Energie-effizientes Wohnen kann nicht länger als spezifisches Interesse einer ökologisch-bewussten Zielgruppe gelten: 84% der aktiv Wohnungssuchenden zeigen Interesse an dieser Bauart.

Weiters zeigt sich auch eine Mehrheit der WienerInnen (54%) interessiert an inter-kulturellem Wohnen. Ein Drittel jedoch kann mit dieser Wohnform jedoch wenig oder gar nichts anfangen. 3,5 Prozent der Wiener Bevölkerung formulieren aktiv ihre Ablehnung interkultureller Nachbarschaft (vor allem ältere BewohnerInnen). Besonders hohes Interesse daran zeigt dagegen die nicht in Wien geborene Bevölkerung im Alter von 30-59. Tendenziell stehen die jüngeren Generationen dieser Wohnform offener gegenüber als Menschen über 60.

PensionistInnen teilen mit dem Rest der Bevölkerung einige zentrale Aspekte des Wohnens, wie Ruhe oder Tageslicht, bringen aber auch spezifische Wünsche und Bedürfnisse bezüglich der Wohnung, der Wohnanlage und Wohnumgebung zum Ausdruck. Diese beziehen sich vornehmlich auf eine intakte Nachbarschaft und ausreichenden Komfort, sowie Barrierefreiheit der Wohnanlage und Wohn-umgebung. So wünschen sich 66% dieser Gruppe eine/n HausbesorgerIn, eine barrierefreie Gestaltung der Wohnanlage (55%), nahe gelegene Einkaufsmöglich-keiten (70%) und Grünräume (62%). Besonderen Wert legen sie auch auf die Bedeutung von Sicherheit: 80% beschreiben eine sichere Wohnumgebung als sehr wichtig.

Das Interesse an altersgerechtem Wohnen ist so auch gerade bei dieser Zielgruppe besonders ausgeprägt - 96% der Menschen über 60 mit einem Einkommen von weniger als 1000 Euro im Monat zeigen Interesse an dieser Wohnform, bei jenen mit einem Einkommen über 1000 Euro sind es 84%. Insgesamt zeigen 75% der Wiener Bevölkerung Interesse an altersgerechtem Wohnen. Zwei Drittel (67%) der WienerInnen begeistert sich auch für Wohnen für mehrere Generationen - das Interesse ist dabei über alle Altersgruppen hinweg stabil.

Junge Erwachsene (18-30) auf Wohnungssuche unterscheiden sich von Wohnungs-suchenden ab 31 in einigen wichtigen Aspekten. Demographisch betrachtet befinden sie sich bei weitem häufiger in Ausbildung oder Karenz oder sind von Arbeitslosigkeit betroffen. In finanzieller Hinsicht lässt sich konstatieren, dass ihr monatliches Nettoeinkommen deutlich unterdurchschnittlich ausfällt: 52% verdienen weniger als 1000 Euro. Nichtsdestotrotz sind auch bei ihnen Eigentumswohnungen (31%) die beliebteste Wohnrechtsform, gefolgt von Privatmiete (28%).

Hauptgründe für Umzugspläne sind die Verbesserung der Wohnsituation (30%), der Bedarf nach einer größeren Wohnung (26%) oder eine Veränderung der familiären Situation (17%). Junge Erwachsene teilen dabei mit älteren Wohnungssuchenden grundlegende Wohnbedürfnisse: Tageslicht, Ruhe, Grünräume und private Kellerabteile. Sie unterscheiden sich aber maßgeblich in der Bedeutung die sie der Lage der Wohnung bezüglich der Anbindung an den öffentlichen Verkehr und der Nähe zu Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte beimessen. In Bezug auf die Wohnung selbst ist das Vorhandensein eines Kabel- und Internetanschlusses von größter Bedeutung.
Fakten
  • Projektträger
    SORA Institute for Social Research and Analysis, Wien
  • Projektleitung/Bearbeiter
    Günther Ogris
    Aleksandra Ptaszynska
    Werner Sturmberger
    Christoph Waldhauser
  • Laufzeit
    Juli bis September 2009
  • Kontakt
    office[at]sora.at
  • Downloads
  • Abstract 43.8 KB
    Projektbericht 591.99 KB